Mobbing in der Familie: Wenn das zu Hause zum Albtraum wird
Mobbing ist ein Gesellschaftsproblem, die Zahl der Mobbingopfer in Deutschland steigt jährlich. Die Folge der Angriffe sind psychische Qualen und Störungen bei den Betroffenen. Auch in den Familien ist Mobbing heute angekommen und kann besonders hässliche Ausprägungen annehmen. Denn eigentlich sollte die Familie ein liebevolles Umfeld sein, in dem sich jeder frei entwickeln kann. Wenn Sie einen Fall von Mobbing in der Familie haben oder sogar selbst betroffen sind, dann erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Wege es aus der Schleife der Gewalt gibt.
Mobbing- ein Gesellschaftsproblem
Statistiken belegen1, dass in Deutschland rund eine Millionen Menschen jährlich von Mobbing betroffen sind. Dazu gehören alle Formen von Mobbing, von Hänseleien bis hin zu psychischen Qualen. Mobbing beginnt schon in der Schule und im Kindergarten: So seien heute rund 500.000 Schüler*innen von regelmäßiger Schikane in der Schule betroffen, so Schätzungen von Experten2. 2017 belegte die PISA-Studie der OECD, dass in Deutschland jede/jeder sechste Schüler*in im Alter von 15 Jahren von akutem Mobbing betroffen war. Die Dunkelziffer liegt weit höher.
Doch nicht erst Mobbing in der Schule wird zunehmend zum Problem. Heute wird Mobbing in der Familie immer mehr zu einem ernstzunehmenden Phänomen, das Kinder und Erwachsene gleichermaßen stark betrifft.
Was genau ist Mobbing eigentlich?
Als Mobbing wird eine systematische Form der persönlichen Degradierung und Schikane bezeichnet. Sie hält typischerweise über einen längeren Zeitraum an (Psychoterror). Nach dieser Definition zeichnet sich Mobbing also vor allem durch seinen Wiederholungscharakter aus – eine einzelne Schikane oder ein Streit, der unter die Gürtellinie geht, kann noch nicht als Mobbing bezeichnet werden. Ziele der Mobbenden sind:
- Beleidigung des Gegenübers
- Anhaltende Schikane und Hänselei
- Ausgrenzung aus einer Gruppe oder der Familie
Mobbing kann unterschiedliche Ausprägungen haben. So unterscheiden Expert*innen zwischen aktivem/direktem Mobbing und passivem/indirekten Mobbing. Auch die Gewalt an sich kann nochmal unterteilt werden.
Typ | verbal | sozial | körperlich |
Aktiv/ direkt |
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Passiv/ indirekt |
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Opfer und Täter
Beim Mobbing gibt es immer zwei Personen oder Gruppen: Die Täter und die Opfer.
- Opfer verhalten sich defensiv, versuchen dem psychologischen Terror auszuweichen und ziehen sich in sich zurück. Opfer sind dem/der Täter*in unterlegen
- Täter*innen werden von der ängstlich/defensiven Haltung des Opfers oft angespornt. Den Aggressoren geht es meist darum, ihren Status in einer sozialen Gruppe zu erhöhen oder zu festigen. Oftmals sind sie sich keiner Schuld bewusst oder meinen sogar, dass das Opfer sich nicht so anstellen solle oder es gar nicht anders verdient hätte. Es fehlt ihnen jegliche Empathie für ihr Gegenüber.
Auch beim Mobbing in der Familie gibt es diese beiden Gruppen oder Personen. Oft wird Mobbing unter Geschwistern oder in der erweiterten Familie sichtbar.
Gründe für Mobbing in der Familie
Genau wie in der Schule oder der Arbeitswelt, gibt es auch innerhalb der Familie unterschiedliche Motive und Ursachen für Mobbing. Wichtig ist festzuhalten, dass es kein klassisches Mobbingopfer gibt. Das heißt, kein Opfer zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus, das ihn oder sie automatisch zum Opfer macht. Vielmehr ist die Situation der ausschlaggebende Faktor.
Begünstigend für Mobbing in der Familie sind unter anderem:
- Leistungsdruck, der auch von den Eltern ausgehen kann
- Starke Konkurrenz unter Geschwistern
- Geringe persönliche Bindung zwischen Eltern und Kindern oder Kind und Kind
- Erkennbare Statusunterschiede: Liebling der Eltern, Schwarzes Schaf der Familie
- (Fehlendes) soziales Feedback, das den Täter bekräftigt statt ihn bremst
- Ungerechtigkeit, Inkonsequenz und wenig Unterstützung
Wie äußert sich Mobbing in der Familie?
Besonders bei Mobbing in der Familie lassen sich Muster erkennen: Vernachlässigung und Schikane gehen oft Hand in Hand. Das muss nicht über Nacht passieren, sondern kann sich langsam in den Familienalltag einschleichen.
So beginnt Mobbing im privaten Umfeld, genauer gesagt in der Familie, oft durch die Eltern. Beispielsweise wird ein Kind bevorzugt oder die Hausarbeit ungerecht verteilt. Sind Geschwisterkinder vorhanden, dann kopieren diese die Handlungen und Einstellungen der Eltern schnell. Dieser Machtmissbrauch von Seiten der Eltern hat Folgen. Oftmals können sich diese Konstellationen bis ins Erwachsenenalter durchsetzen. Weitere Ausprägungen von Mobbing in der Familie können sein:
- Beleidigungen und psychische Qualen
- Verletzung der Privatsphäre des Opfers
- Liebesentzug
- Ständiger Streit
Die Folgen von Mobbing in der Familie
Die Familie sollte ein geschützter Raum sein, in dem sich jeder frei entfalten kann. Daher kann Mobbing in der Familie für die Opfer aber auch die Täter weitreichende Folgen haben, die teilweise ein Leben lang anhalten können. Gerade bei psychischer Gewalt kann sich das Kind nicht wirklich entwickeln. Auch Grenzüberschreitungen wie physische Gewalt kann eine Seele nachhaltig schädigen. Folgen von Mobbing sind:
- Depressionen bis hin zu Suizidgedanken
- Kein Aufbau von sozialen Bindungen und daraus resultierende Einsamkeit
- Esstörungen
- Burnout und Boreout (die Unterforderung)
- Schlechte Noten und damit verminderte Möglichkeit der schulischen Entwicklung
- Andere psychische Erkrankungen
Besonders bei Mobbing von Kindern innerhalb der eigenen Kernfamilie entstehen oft Gewaltspiralen, die einen extrem langen Nachhall mit sich ziehen und das ganze Leben zerstören können.
Was gegen Mobbing in der Familie tun?
Wenn bei Ihnen in der Familie oder bei Bekannten und Verwandten Mobbing vorkommt, dann sollten Sie handeln. Da die Gründe für Mobbing in Familien nicht klar benennbar sind, sollten Sie zunächst auf die Eltern zugehen. Wenn das nicht der richtige Ansatzpunkt ist, weil die Eltern vielleicht das Problem sind, dann stellen Sie sich schützend auf die Seite des Opfers.
- Eine Möglichkeit ist ein Mobbingprotokoll, in dem alle Schikanen festgehalten werden.
- Suchen Sie Hilfe von Experten, beispielsweise einem Schulseelsorger oder der Telefonseelsorge
- Experten bieten Familientherapien an, bei denen das gesamte System Familie unter die Lupe genommen wird.
Streit unter Geschwistern oder innerhalb der Familie sind normal. Kritisch wird es, wenn diese Streitigkeiten einzig und allein dem Zweck dienen, ein Familienmitglied zu degradieren. Spätestens dann sollten Sie einschreiten. Aber Sie haben auch die Möglichkeit, es gar nicht erst zu solchen prekären Situationen kommen zu lassen. Ein liebevolles Miteinander, in dem Konflikte gemeinsam bewältigt werden, hilft schon viel.
Hilfe anbieten können
Sie interessieren sich sehr für den Bereich Mobbing in der Familie und möchten Anderen dabei helfen, diese familiären Probleme zu überwinden? Dann haben Sie die Möglichkeit beispielsweise eine Ausbildung in der Einzel-, Paar- oder Familientherapie zu absolvieren. Auch eine KEB Weiterbildung kann Sie als Elternteil aktiv darin unterstützen, Probleme zu erkennen und zu bewerkstelligen. Auch das campus naturalis Programm, die , kann Sie als Elternteil aktiv darin unterstützen, Probleme zu erkennen und zu bewerkstelligen.
Auch Trauma können die Folge von diesen emotionalen Grenzsituationen sein. In der Ausbildung zum/zur systemischen Traumaberater*in lernen Sie, den Ursprung des Problems zu erkennen und bei der Bewältigungsarbeit zu helfen.
Fazit: Mobbing in der Familie muss nicht sein
Mobbing in der Familie zählt, wie wir gesehen haben, zu den schlimmsten Formen, die psychische und physische Schikane annehmen kann. Es kann, gerade für das Opfer dieser Gewalt, weitreichende Folgen vom Kindes- bis in das Erwachsenenalter hinein haben. Daher ist es essentiell, dass wir unsere Familien vor dieser Zerrüttung schützen. Aktives Einschreiten und gegebenenfalls externe Hilfe in Form von Beratung bei Familienproblemen sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden. Fühlen Sie sich angesprochen oder inspiriert? Dann trauen Sie sich und sprechen das Problem offen an.
Quelle1: tipps-vom-experten.de
Quelle2: zeichen-gegen-mobbing.de