Trauma der Zeitenwende – Therapeutische Wege durch Krieg, Klima & Krisen
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Schlagworte wie Krieg, Klimakrise und Pandemie bestimmen seit einigen Jahren die Nachrichten – und prägen unser inneres Erleben. Viele sprechen von einer historischen „Zeitenwende„.
„Die psychologischen Auswirkungen der multiplen Krisen unserer Zeit sind beispiellos. Wir sehen einen deutlichen Anstieg von Angststörungen und Traumafolgestörungen in allen Altersgruppen“, erklärt Dr. Sarah Zimmermann, Leiterin des Deutschen Instituts für Psychotraumatologie.
Diese Zeitenwende ist nicht nur politisch oder wirtschaftlich, sondern auch psychologisch: Sie bedeutet für unzählige Menschen erhöhten Stress, Ängste und sogar Traumata 1,2.
Die seelischen Erschütterungen unserer Zeit verstehen
- Krieg und Flucht: Wenn die Welt aus den Fugen gerät
Ein einziger Tag kann ein Leben verändern – etwa der Tag, an dem Krieg über ein Land hereinbricht. Die Bilder aus der Ukraine seit 2022 haben uns dies drastisch vor Augen geführt 2.Die Hauptfolgen von Kriegstraumata: - Ständige Alarmbereitschaft:
Das Nervensystem bleibt im Überlebensmodus - Schlafstörungen mit Albträumen:
Der Schlaf wird zum Kampfplatz der Seele - Flashbacks:
Plötzliches Wiedererleben von Schreckensmomenten - Emotionale Taubheit:
Gefühlsabschaltung als Schutzmechanismus - Sozialer Rückzug:
Isolation als vermeintliche Sicherheit - Erhöhte Reizbarkeit:
Kleinste Trigger lösen starke Reaktionen aus
Besonders gefährdete Gruppen:
- Kinder:
Verstehen noch weniger, warum die Welt gefährlich ist - Geflüchtete:
Bringen oft mehrfache Traumatisierungen mit - Ersthelfer:
Sekundärtraumatisierung durch ständige Konfrontation
Klimawandel und Dauerkrise: Die neue Form der Angst
Neben akuten Katastrophen wirkt die Klimakrise schleichend – doch sie belastet die Psyche vieler Menschen zunehmend 3.
Tabelle 1: Psychische Auswirkungen der Klimakrise (Studienübersicht 2023-2024)
| Belastungsart | Betroffene | Hauptsymptome | Prävalenz |
| Eco-Anxiety | 16-25 Jahre | Zukunftsängste, Schlafstörungen | 67% |
| Solastalgie | Alle Altersgruppen | Trauer um Umweltverluste | 45% |
| Klimadepression | 18-35 Jahre | Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit | 28% |
| PTBS nach Extremwetter | Katastrophenopfer | Flashbacks, Hypervigilanz | 30-40% |
Quelle: Metaanalyse des Umweltbundesamtes 2024
„Wir nennen es ‚Eco-Anxiety‚ – eine diffuse Angst vor dem Klimawandel, die besonders junge Menschen betrifft. 75% der befragten Jugendlichen gaben an, die Zukunft mache ihnen Angst“, berichtet Prof. Dr. Michael Hartmann vom Zentrum für Klimapsychologie Berlin.
Die Pandemie-Narben: Was COVID-19 hinterlassen hat
Die psychischen Folgen der Pandemie zeigen sich in erschreckenden Zahlen 4:
Anstieg psychischer Erkrankungen seit 2020:
- Depression:
+28% weltweit - Angststörungen:
+35% bei Erwachsenen - Essstörungen bei Jugendlichen:
+40% - Einsamkeit bei Senioren:
+52%

Trauma – Emotionale Taubheit und Handlungsunfähigkeit
Psychologische Effekte: Was ein Trauma mit uns macht
Die drei Reaktionsmuster des Nervensystems:
- Kampf (Fight)
- Erhöhte Aggression
- Kontrollversuche
- Überaktivität
- Flucht (Flight)
- Vermeidungsverhalten
- Rastlosigkeit
- Panikattacken
- Erstarrung (Freeze)
- Dissoziation
- Emotionale Taubheit
- Handlungsunfähigkeit
„Das Trauma sitzt nicht im Ereignis selbst, sondern in unserem Nervensystem. Es ist die Art, wie unser Körper die überwältigende Erfahrung speichert“, erklärt Traumatherapeutin Lisa Chen, Autorin des Fachbuchs „Heilung durch Verbindung“.
Wege aus dem Trauma: Wie Heilung gelingt
Phase 1: Stabilisierung – Der sichere Hafen
Bewährte Stabilisierungstechniken:
- 5-4-3-2-1-Übung:
5 Dinge sehen, 4 hören, 3 spüren, 2 riechen, 1 schmecken - Bodenanker:
Füße fest aufstellen, Erdung spüren - Atemtechniken:
4-7-8 Atmung zur Beruhigung - Imaginationsübungen:
Innerer sicherer Ort - Ressourcenaktivierung:
Stärken und Unterstützer identifizieren
Phase 2: Traumaverarbeitung – Das Herz der Therapie
Tabelle 2: Wirksamkeit verschiedener Traumatherapie-Methoden
| Methode | Erfolgsquote | Behandlungsdauer | Besonders geeignet für |
| EMDR | 77-90% | 8-12 Sitzungen | Einzeltraumata, PTBS |
| Somatic Experiencing | 65-80% | 15-20 Sitzungen | Körperliche Traumaspeicherung |
| Narrative Expositionstherapie | 70-85% | 10-15 Sitzungen | Kriegs- und Fluchttraumata |
| Systemische Traumatherapie | 75-88% | 12-20 Sitzungen | Komplexe Traumata |
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Traumatherapie, 2024
„In der EMDR-Behandlung erleben wir oft dramatische Wendepunkte. Patienten berichten, dass die quälenden Bilder plötzlich ‚wie hinter einer Milchglasscheibe‘ erscheinen – noch da, aber nicht mehr überwältigend“, so Dr. Klaus Weber, EMDR-Ausbilder und Leiter der Trauma-Ambulanz München.

Trauma – Gemeinschaft und Verbindung sind heilsam
Phase 3: Integration und Wachstum
Zeichen posttraumatischen Wachstums:
- Neue Wertschätzung für das Leben
- Vertiefte zwischenmenschliche Beziehungen
- Entdeckung eigener Stärken
- Spirituelle Entwicklung
- Veränderung der Lebensprioritäten
Praktische Selbsthilfe-Strategien
Sofort-Hilfe bei Panik und Flashbacks:
- Eiswürfel in der Hand halten (Reorientierung)
- Starke Düfte wie Pfefferminzöl (Sinnesanker)
- Bewegung: 10 Hampelmänner (Stressabbau)
- Musik: Persönliche Playlist mit beruhigenden Songs
- Kontakt: Notfall-Buddy anrufen
Langfristige Resilienz-Faktoren
Die 7 Säulen der Resilienz:
- Akzeptanz – Annehmen, was nicht zu ändern ist
- Optimismus – Hoffnung als Grundhaltung
- Selbstwirksamkeit – Vertrauen in eigene Fähigkeiten
- Verantwortung – Aus der Opferrolle aussteigen
- Netzwerkorientierung – Soziale Verbindungen pflegen
- Lösungsorientierung – Fokus auf Möglichkeiten
- Zukunftsplanung – Perspektiven entwickeln
„Resilienz ist wie ein Muskel – man kann sie trainieren. Jede überstandene Krise macht uns ein Stück stärker für die nächste Herausforderung“, betont Resilienzforscherin Prof. Dr. Anna Müller von der Universität Hamburg.
Unser Fazit: Hoffnung in der Zeitenwende
Die Zahlen mögen erschreckend sein, die Herausforderungen gewaltig – doch die Botschaft ist klar: Heilung ist möglich.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Traumareaktionen sind normale Antworten auf unnormale Situationen
- Professionelle Hilfe ist verfügbar und wirksam
- Gemeinschaft und Verbindung sind heilsam
- Aus Krisen kann persönliches Wachstum entstehen
- Jeder Mensch trägt Resilienz in sich
So düster die Zeiten auch scheinen, die Geschichte lehrt uns, dass nach jeder Nacht ein Morgen kommt. Indem wir aufeinander achtgeben, uns Hilfe holen und Hoffnung bewahren, können wir diese Zeitenwende nicht nur überstehen, sondern aktiv mitgestalten.
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Quelle1:
Malteser Deutschland – Langfristige Traumata: Folgen des Ukraine-Kriegs.
malteser.de
Quelle2:
Deutsche Welle – Trauma Krieg – die Angst ist wieder da (Artikel vom 29.03.2022).
dw.com
Quelle3:
Umweltbundesamt – Klimawandel und psychische Gesundheit.
umweltbundesamt.de
Quelle4:
DGPPN – Psyche und Pandemie: Zahlen, Daten, Fakten.
dgppn.de




