ASMR als Entspannungstechnik
Wir alle haben das schonmal erlebt: Ein bestimmtes leises Geräusch lässt uns wohlig erschauern und verursacht Gänsehaut. Gleichzeitig scheinen sich unsere rotierenden Gedanken in Nichts aufzulösen und wir lassen los. Diese Macht der Geräusche nutzt das sogenannte ASMR, um unseren Körper und Geist zu entspannen. Millionen Klicks auf ASMR-Videos auf YouTube und professionelle ASMR-Influencer formen und befeuern den Trend und erschaffen daraus ein Phänomen. Was genau hat es mit dieser neuen Entspannungstechnik auf sich? Wie wirkt sie und wie kann sie uns dabei helfen, unseren Alltag hinter uns zu lassen? Wir schauen uns ASMR hier etwas näher an.
Was genau ist ASMR eigentlich?
ASMR steht für „Autonomous Sensory Meridian Response“, das heißt so viel wie unabhängige (Gefühls-)Reaktion des Körpers auf sensorische Reize. Auf Deutsch wird dieser Begriff meist als „Kopf-Kribbeln“ oder „Kopf-Orgasmus“ bezeichnet. Ziel beim ASMR ist es, durch Sinnesreize, genauer durch Geräusche und Töne, bestimmte „Tingles“ auszulösen. Das sind Gänsehautmomente, die von der Kopfhaut ausgehen und sich über Wirbelsäule und Schultern erstrecken können1. Die ASMR-Praxis erfährt seit 2010 immer mehr Aufmerksamkeit. Nicht nur online auf YouTube und Co, sondern auch unter Wissenschaftlern.
So wirkt ASMR
Ausgelöst werden diese Gänsehautmomente besonders durch akustische und visuelle Reize. Diese Auslöser werden als „Trigger“ bezeichnet. Ziel ist es, dass sich Menschen, die diesen Reizen ausgesetzt sind zunächst besser entspannen und damit besser mit Stress und Belastungen im Alltag umgehen können. Außerdem fördert ASMR gezielt gesunden Schlaf. ASMR hilft beim zur Ruhe kommen am Abend und lässt uns schneller einschlafen2.
Was sind klassische Trigger beim ASMR?
Trigger, die dann Gänsehaut und schlussendlich Entspannung auslösen können sehr unterschiedlich sein. In vielen ASMR-Videos setzen die Autor*innen diese Trigger ganz gezielt ein, um einerseits eine entspannende Geräuschkulisse zu erzeugen. Andererseits kreieren sie damit eine gewisse Nähe zum/zur Betrachter*in, die viele als beruhigend empfinden. Klassische Trigger sind unter anderem:
- Klopfen mit den Fingernägeln oder Fingerkuppen auf verschiedenen Gegenständen mit Tempovariationen
- Spielgeräusche, sogenannte „Gamer-Sounds“ wie beispielsweise das Bedienen eines Controllers
- Bürstengeräusche, zum Beispiel Haare kämmen
- Sehr leise Flüster- und Mundgeräusche wie Schmatzen
- Wassergeräusche
- Sämtliche Geräusche die durch Kratzen oder Benutzen der Hände entstehen
ASMR-Profis nehmen diese Geräusche mit einem hoch-sensiblen Mikrofon aus und unterlegen sie zusätzlich mit visuellen Reizen. Das reicht von einer Nahaufnahme einer Maniküre bis hin zu simulierten Massagen des/der Zuschauer*in.
ASMR in der wissenschaftlichen Untersuchung
Wissenschaftler*innen der University of Sussex3 haben bereits 2010 eine ausführliche Studie zum Thema ASMR und Entspannung durchgeführt. Darin wurden 280 Proband*innen und besonders ihre Reaktionen auf ASMR-Videos untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Herzfrequenz der Proband*innen beim betrachten und erleben von ASMR-Videos beträchtlich sank. Das ist ein Zeichen von Entspannung. Gleichzeitig stieg allerdings die Schweißproduktion, was ein Zeichen für emotionale Erregung ist.
Dieser Wiederspruch sei sehr interessant, so die Forschenden. ASMR kann uns gleichzeitig aktivieren und beruhigen. Diese Eigenschaften von ASMR reihen es neben komplexen emotionalen Erfahrungen wie Nostalgie oder Ehrfurcht ein. Auch die Universität Sheffield4 und das Team um Psychologin Giulia Lara Poerio konnte diese Ergebnisse in ihrer Studie bestätigen. Die Forschung auf dem Gebiet der ASMR steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. So fehlen beispielsweise noch Erkenntnisse, ob und wie ASMR-Videos und -Trigger bei der Behandlung von Depressionen oder Ängsten eine Rolle spielen könnten.
ASMR – manche schwören darauf, andere irritiert es
Fest steht also, dass ASMR Effekte auf uns und besonders auf unsere Emotionen haben kann. Wenn wir uns die persönlichen Erfahrungen mit ASMR ansehen, dann fällt auf, dass die Meinungen darüber teilweise auseinanderdriften. So empfinden manche Menschen ASMR zwar als entspannend, andere sind davon eher irritiert. Wieder einmal wird klar, dass auch Entspannung und das, was wir als entspannend wahrnehmen sehr individuell ist.
Wenn Sie selbst ASMR einmal ausprobieren möchten, dann empfehlen wir folgende Vorgehensweise:
- Suchen Sie sich einen stillen Ort, an dem Sie ungestört sind
- Nutzen Sie zum Abspielen der Videos sogenannte „Noise Cancelling“-Kopfhörer, die alle Geräusche von außen abblocken
- Wählen Sie ein ASMR-Video, beispielsweise auf YouTube aus. Es gibt auch viele Einsteiger-Videos, die Sie behutsam an das Thema heranführen und weitere Tipps liefern
- Lassen Sie ASMR auf sich wirken
So können Sie feststellen, ob ASMR wirklich etwas für Sie persönlich ist. Erlaubt ist übrigens, was entspannt – egal ob das ASMR-Videos, ein Kinderhörspiel oder die Lieblingsplatte ist.
Tiefer eintauchen und Anderen beim Entspannen helfen
Neben dem ASMR gibt es zahlreiche andere Möglichkeiten, sich zu entspannen. Dazu zählen beispielsweise Klangreisen oder Meditation. Wichtig ist, dass Sie sich wohlfühlen, um Entspannen zu können. Wenn Sie selbst aktiv werden möchten und Ihren Mitmenschen dabei helfen wollen, sich zu entspannen, dann sind Sie bei campus naturalis genau richtig. Wir bieten Ihnen die unterschiedlichsten Aus- und Weiterbildungen im Bereich Stressreduktion und Entspannung an.
Mit unserer Ausbildung zum/zur Kursleiter*in für Autogenes Training erfahren Sie, wie verschiedene Entspannungsübungen auf unseren Körper und Geist wirken. Lernen Sie, diese Maßnahmen präventiv einzusetzen und unterstützen Sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Mit einer umfangreichen Ausbildung zum/zur Gesundheitstherapeut*in mit Schwerpunkt Entspannung und Achtsamkeit erfahren Sie, wie körperliche und psychische Spannungen zu lösen sind und die innere Balance wiederhergestellt werden kann.
Entspannung ist individuell
ASMR kann ein interessanter neuer Baustein in Ihrer persönlichen Entspannungs- und Entschleunigungskur sein. Auch wird sich zeigen, welche Vorteile diese Technik im wissenschaftlichen und therapeutischen Kontext bietet. Es bleibt also spannend – solange probieren Sie sich gerne daran aus!