Gemeinsam sind wir stark: Wie Selbsthilfegruppen Betroffene unterstützen können
Selbsthilfegruppen leisten in Deutschland einen wichtigen Beitrag zum Genesungsweg vieler Betroffenen von psychischen und physischen Erkrankungen. Sie helfen dabei, mit Krankheiten, Situationen und deren Folgen besser umzugehen und bieten Erfahrungen von Gleichgesinnten. Für viele Betroffene hilft es bereits, einfach jemanden zum Reden zu haben, der sie oder ihn mit der jeweiligen Vorgeschichte versteht. Welchen Stellenwert haben Selbsthilfegruppen? Wie viele davon gibt es bei uns in Deutschland? Und wie genau können sie Betroffene und deren Angehörige auf dem Heilungsprozess unterstützen? Wir haben alles Wichtige zum Thema für Sie zusammengetragen.
Was sind Selbsthilfegruppen?
Selbsthilfe bedeutet im Kern zunächst, mit anderen Betroffenen in Kontakt zu stehen, sich über Probleme auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Selbsthilfegruppen sind also soziale Gefüge, die uns mit anderen Menschen verbinden, die ein ähnliches Schicksal ereilt hat.
In Deutschland ist das Netz der Selbsthilfegruppen, die Betroffene auffangen können, sehr vielfältig. So gibt es fast zu jedem Thema und zu jeder Erkrankung eine Selbsthilfegruppe. In Zahlen ausgedrückt:
- Es gibt mehr als 100.000 Selbsthilfeorganisationen in Deutschland1.
- Darin eingebunden sind heute rund 3 Millionen Deutsche, das entspricht etwa jedem 20. Deutschen1.
Die Nachfrage nach Selbsthilfegruppen und -angeboten ist also groß. Kein Wunder, nehmen doch Erkrankungen (physisch wie psychisch) in unserer Gesellschaft immer mehr zu. Heute sind viele Selbsthilfegruppen on- und offline auffindbar, um es Betroffenen leicht zu machen, die passende Unterstützung zu finden.
Große Auswahl für Betroffene
Die Zahl der Selbsthilfegruppen in Deutschland macht es möglich, dass Betroffene zu ihrer Erkrankung direkt in ihrer Nähe Hilfe erhalten können. So finden sich Selbsthilfegruppen zu Themen wie:
- Krebserkrankungen
- Demenzerkrankungen
- Herz-Kreislauf-Krankheiten
- Seelische Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen bis hin zu Burnout
- Suchtproblemen wie Alkohol- oder Drogensucht
- Essstörungen
- Todesfälle
- und mehr
Nicht nur direkt Betroffene finden in Selbsthilfegruppen den oft nötigen halt. Hilfe gibt es auch insbesondere für Angehörige von Patient*innen – denn eine einschneidende Diagnose betrifft nicht nur Betroffene direkt, sondern auch das Umfeld wie Partner und Kinder.
So helfen Selbsthilfegruppen
Die Struktur und Arbeit von Selbsthilfegruppen sind so divers, wie die Auswahl an Hilfe groß ist. Die Gruppen entscheiden selbstständig über:
- Regelmäßigkeit der Treffen (wöchentlich, monatlich, o.ä.)
- Dauer der Sitzungen
- Ort der Treffen
Allen ist allerdings eines gemein: Es geht im Kern immer um den Austausch unter den Teilnehmenden, um Kommunikation. So haben einige Selbsthilfegruppen beispielsweise einen festen Fahrplan, gewissermaßen ein Ritual, das die Sitzungen eröffnet.
In manchen Selbsthilfegruppen sind Expert*innen wie Menschen mit einer Ausbildung in systemischer Traumatherapie oder einer Ausbildung im Bereich systemische Beratung die Initiatoren der Gruppe. Damit verschränken sie ihre Profession mit der aktiven Selbsthilfe, was alle Teilnehmer an den Sitzungen zusätzlich profitieren lässt.
Selbsthilfegruppen sind ein sicherer Ort
Ebenfalls sehr wichtig: Alles, was innerhalb der Selbsthilfegruppe besprochen wird, dringt nicht nach außen. Damit schaffen die Gruppen ein sicheres Umfeld, in dem Teilnehmer*innen über Ängste, Gefühle und sehr persönliche Erfahrungen offen sprechen können.
Gespräche als Schlüssel zum Erfolg
Kommunikation von Gefühlen, Erfahrungen und der Austausch mit den anderen Teilnehmenden steht bei allen Selbsthilfegruppen zentral im Mittelpunkt. Damit sind die offenen Gespräche, der direkte Austausch mit anderen, die in einer ähnlichen Situation sind, das verbindende Element, das Betroffenen hilft. Diese Effekte und positiven Ergebnisse, können von Selbsthilfegruppen ausgehen:
- Betroffene fühlen sich mit ihrem Problem oder Ihrer Krankheit nicht mehr alleine
- Durch die Gespräche erfahren Betroffene Verständnis, das in manchen Familien oder im Bekanntenkreis nicht vorherrscht.
- Menschen, die an Selbsthilfegruppen-Sitzungen teilnehmen, entdecken neue Wege, um Probleme zu bewältigen. Sie erhalten in vielen Fällen eine neue Perspektive auf ihre Krankheit.
- Selbsthilfegruppen können die Resilienz fördern, indem sie Betroffene auf einen neuen Weg begleiten.
- Betroffene finden Unterstützung und Gleichgesinnte
Knotenpunkte für menschliche Beziehungen
In Selbsthilfegruppen kommen Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht und dieselben Leidenswege beschritten haben, zusammen. Dadurch entwickelt sich in vielen Fällen mehr als nur ein sicherer Ort zum Austausch, sondern oft auch Freundschaften. Selbsthilfegruppen sind also Knotenpunkte für menschliche Beziehungen, für ein starkes füreinander da sein.
Aber Achtung: Selbsthilfegruppen sind nicht für jeden gemacht – Menschen, die beispielsweise durch die Leidensgeschichten anderer zu sehr belastet werden, können durch die Erfahrungen anderer noch tiefer in Depressionen gestürzt werden. Daher sollten Sie sich ausgiebig beraten lassen und für sich selbst entscheiden, ob eine Selbsthilfegruppe wirklich der richtige Ort für Sie ist.
Selbsthilfe als Ergänzung und Erweiterung zur ärztlichen/psychotherapeutischen Behandlung
Viele Selbsthilfegruppen sind Teile von Selbsthilfeorganisationen, die bundesweit agieren und für die Bedürfnisse ihrer Mitglieder eintreten. Damit können sie alle Phasen einer Erkrankung begleiten:
- Diagnosen
- Behandlung
- Rehabilitation
- Langfristige Betreuung
Selbsthilfegruppen tragen daher, neben der ärztlichen oder psychotherapeutischen Betreuung, einen großen Teil zur Genesung von Betroffenen bei.
Auch wichtig: Gerade durch Selbsthilfeorganisationen erhalten Betroffene eine Stimme, die auf den Erfahrungen der Mitglieder beruht. Damit bieten Selbsthilfegruppen auch der behandelnden Seite die Möglichkeit, Therapien zu den jeweiligen Krankheiten immer mehr anzupassen. Selbsthilfegruppen sind damit eine Erweiterung der klassischen Behandlungsformen.
Die passende Selbsthilfegruppe finden
Heute gibt es eine riesige Auswahl an Selbsthilfegruppen – egal ob online oder offline, auch für Ihre Krankheit oder Ihr Leiden gibt es eine Gruppe in Ihrer Nähe. Wenn Sie auf der Suche nach der passenden Gruppe sind, dann starten Sie zunächst mit einer online Recherche. Außerdem gibt es deutschlandweit Vermittlungsstellen, die Ihnen weiterhelfen können. Sie möchten eine neue Gruppe gründen? Auch dabei finden Sie Unterstützung bei den Kontaktstellen. Ein Beispiel ist die (NAKOS). Dort finden Sie unter anderem ein ausführliches Verzeichnis von Selbsthilfegruppen in Deutschland.
Selbsthilfegruppen: Ein wichtiger Baustein
Nicht nur durch die Anzahl der Teilnehmer an Selbsthilfegruppen in Deutschland wird klar, dass diese Gruppen einen wichtigen Teil zur Genesung und psychischen Verhandlung von Krankheiten und Problemen darstellen. Sie sind ein Treffpunkt, ein Knotenpunkt und ein Ort des sicheren Austausches für Betroffene und deren Angehörige. Zudem bieten Selbsthilfegruppen durch übergeordnete Organisationen die Möglichkeit als Betroffene aktiv in den gesellschaftlichen Umgang mit ihrer persönlichen Belastung einzugreifen. Scheuen Sie sich also nicht davor, ihre Probleme in eine dieser Gruppen zu tragen – gemeinsam sind wir stark und haben die Kraft, unsere Perspektive nachhaltig zu verändern.
Wenn Sie entdecken, dass die Arbeit in einer solchen Organisation für Selbsthilfe, für Sie eine berufliche interessante Perspektive sein könnte, dann informieren Sie sich über eine Aus- oder Weiterbildung bei uns, die Ihnen neue Berufsfelder öffnet im Bereich der Therapie und oder Beratung.
Quelle1: apotheken-umschau.de