… oder lieber doch nicht: Wie Eskapismus unser Leben beeinträchtigen kann
Wir kennen das alle: Das nervige Familienessen, bei dem wir mit Sicherheit auf Tante Erna treffen, die uns wieder nur über unsere Verfehlungen aufklärt. Sollen wir uns das wirklich antun? Oder ein Konflikt am Arbeitsplatz, mit dieser einen Kollegin, der wir lieber aus dem Weg gehen – nein, nochmal darauf eingehen, das lohnt sich nicht. Wir entfliehen lieber diesen, zugegeben, nervtötenden Situationen und suchen uns Alternativen. Gerne auch immer wieder. Aber ist das schon Eskapismus? Wir gehen hier dem Eskapismus und der Konfliktvermeidung im Rahmen von psychischer Beeinträchtigung auf den Grund. Dabei beantworten wir unter anderem folgende Fragen: Was ist Eskapismus eigentlich? Wie äußert er sich? Und welche Strategien können Sie anwenden, wenn Sie selbst oder andere in Ihrem Umfeld von psychisch beeinträchtigendem Eskapismus betroffen sind?
Eskapismus – was bedeutet das eigentlich?
Eskapismus ist per Definition1 zunächst die Realitätsflucht oder Weltflucht. Der Begriff stammt aus dem Englischen von „to escape“, übersetzt schlicht und einfach fliehen. Generell geht es bei Eskapismus in der Psychologie um eine Art Vermeidungsverhalten, bewusst oder unbewusst. Dabei vermeiden wir
- Bestimmte Situationen
- Einzelne Menschen oder Menschenansammlungen
- Unsere Realität im Allgemeinen
Kennzeichnend für Eskapismus ist nicht nur das Abwenden von der Realität, sondern auch das Hinwenden an eine andere Wirklichkeit. Betroffene lenken sich ab, zum Beispiel mit
- Binge-watchen von Serien
- Binge-eating, einer Form von Essstörung
- Übermäßigem Gebrauch von Medien (Bücher, digitale Angebote, Videospiele)
- Gebrauch von Drogen und bewusstseinserweiternden Substanzen
Generell also die Flucht in alles, was unsere Gedanken von der Realität ablenkt, fernhält und diese sogar komplett verändert. Eskapismus bedeutet also, in seiner extremsten Form, ein fiktives Leben zu leben, das Betroffenen besser erscheint
Eskapismus als psychische Erkrankung
Eine milde Form von Eskapismus ist in uns Menschen angelegt. Wir kennen das alle, wenn wir zum Beispiel einen Sonntagnachmittag in einem Buch gewissermaßen verschwinden. Pathologisch und damit zur psychischen Erkrankung wird Eskapismus dann, wenn Betroffene nur noch in dieser Alternativwelt leben und darin agieren.
Betroffene schaffen zum Beispiel durch Gespräche mit fiktionalen Charakteren einen gewissen Abstand zur tatsächlichen Realität. Sie konzentrieren sich voll und ganz auf diese „falsche“ Realität und sind nicht mehr in der Lage zurückzukehren. Die Probleme in der tatsächlichen Realität sind vergessen.
Warum flüchten Menschen aus ihrer Realität?
Die Ursachen für Eskapismus sind, wie bei jeder psychischen Erkrankung, sehr vielfältig. Generell lässt sich allerdings sagen, dass Eskapismus meist eine Folge von Frustration ist. Diese kann entweder im persönlichen oder im soziostrukturellen Bereich entstehen und sich mit der Zeit manifestieren.
Scham, Schuldgefühle, generelle Überforderung, Konfliktvermeidung, aber auch Depressionen das alles sind Aspekte dieser Frustration. Gleichzeitig streben Betroffene ganz stark nach Anerkennung und haben Angst, nicht akzeptiert zu werden. Expert*innen ordnen den Eskapismus daher den Angststörungen zu2. Eskapismus überwindet gewissermaßen die Angst im Alltag, indem Betroffene diese in der „alten“ Realität zurücklassen.
So äußert sich Eskapismus
Meist erst dann, wenn Eskapismus krankhaft geworden ist, äußern sich folgende Symptome3:
- Realitätsverlust: Die Kommunikation mit fiktiven Charakteren, die beispielsweise in Filmen/Serien/Büchern vorkommen
- Vernachlässigung des eigenen Soziallebens und Isolation: Betroffene ziehen sich meist komplett aus ihrem eigenen Sozialleben zurück. Sie isolieren sich vollständig, um der fiktiven Welt mehr Raum zu geben.
- Ängste: Das Vermeidungsverhalten verstärkt die Ängste meist statt sie zu lindern. Das liegt daran, dass Betroffene sich mit den Problemen nicht auseinandersetzen, sondern diese einfach nur beiseiteschieben.
- Maßlosigkeit: Egal ob Drogen im Spiel sind oder nicht, von Eskapismus Betroffene kennen keine Grenzen. Die Ausflüchte in die alternative Realität geschehen immer im Übermaß, ohne die Möglichkeit, dieses noch zu kontrollieren
Betroffenen von Eskapismus ist außerdem noch gemein, dass sie ziellos weiterleben. Das heißt, sie entwickeln weder Motivation, Ehrgeiz oder einen bestimmten Wunsch.
Wege aus dem Eskapismus
Je nachdem, wie weit fortgeschritten die Beeinträchtigung durch den Eskapismus bereits ist, können sich Betroffene noch selbst helfen. Folgende Strategien sind hilfreich:
- Selbstreflexion betreiben: Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Betroffene ihre Realitätsflucht und die Ursachen dafür noch wahrnehmen.
- Positivität: Immer wieder gelangen wir in Situationen, aus denen wir flüchten wollen – hier ist es hilfreich, sich diesen Situationen und damit der Angst davor bewusst zu stellen. Unterstützend helfen Achtsamkeitspraktiken, wie Meditation.
Wenn der Eskapismus sich allerdings schon fest ins Leben gebrannt hat, dann hilft nur noch professionelle Hilfe. Wir empfehlen bei Eskapismus das Gespräch z.B. mit einem psychologisch geschulten Therapeuten mit einer Ausbildung zur Heilpraktiker für Psychotherapie. Menschen mit dieser Ausbildung erfassen den oder die Betroffene ganzheitlich, also innerhalb ihres Umfeldes und mit all den persönlichen Herausforderungen.
Gehen Sie Ihre psychischen Probleme an und verpassen Sie nicht Ihre Chance auf ein Leben im Hier und Jetzt.
Quelle1: lexikon.stangl.eu
Quelle2: thieme-connect.de
Quelle3: selfapy.com