Essstörungen: Ursachen, Hintergründe und Hilfe
Wir möchten alle super aussehen, uns wohlfühlen in unserem Körper und ein glückliches Leben führen. Ein wichtiger Bestandteil davon ist in der heutigen Gesellschaft der Umgang mit unserem Essen. Bei immer mehr Kindern, Jugendlichen aber auch Erwachsenen kippt das Verhältnis zum Essen allerdings. Essstörungen sind heute bei weitem keine Seltenheit mehr und werden immer noch stigmatisiert. Wir klären auf über die Hintergründe solcher Erkrankungen, welche Ursachen sie haben können und wie Betroffene und Angehörige sich Hilfe holen können.
Wie wandelt sich unser Verhältnis zum Essen?
Nahrung ist für uns Menschen überlebensnotwendig. Allerdings kann für manche von uns das Verhältnis zum Essen in Schieflage geraten. Deutschlandweit wurden 2020 7.355 Fälle von Anorexie und 1.043 Fälle von Bulimie diagnostiziert1. Die Tendenz ist im Vergleich zu den vergangenen 10 Jahren leicht gestiegen. Betrachtet wurden die stationären Fälle von Magersucht und weiteren Essstörungen – die Dunkelziffer dürfte weit höher sein.
Insgesamt passt das ins Bild, denn psychische Erkrankungen sind in den letzten Jahren deutlich auf dem Vormarsch. Bereits 2018 waren psychische Erkrankungen Nummer 1 der Fehltage in Unternehmen. Essstörungen sind ein Teil davon und sollten besonders bei Kindern und Jugendlichen nicht unterschätzt werden.
Was sind Essstörungen?
Essstörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen sich alles um das Thema Essen dreht. Betroffene zeigen ein gestörtes Verhältnis zu Nahrung oder Essverhalten in Verbindung mit ihrem Körper auf. Die Angst, zu dick zu sein, dominiert die Gedanken. Definiert werden in der Regel unterschiedliche Arten von Essstörungen:
- Magersucht oder Anorexie, die einhergeht mit starkem Gewichtsverlust bis hin zu Untergewicht durch Hungern, übertrieben viel Sport oder Medikamente
- Bulimie, deren Hauptmerkmal unkontrollierte, heimlich ausgeführte Essanfälle sind. Die Nahrung wird danach wieder erbrochen, da die Schuldgefühle über Hand nehmen.
- Unkontrollierte Essanfälle auch Binge-Eating-Störung Merkmal sind vor allem wiederkehrende Essanfälle und ein gestörtes Hunger- und Sättigungsgefühl. Im Gegensatz zur Magersucht sind Betroffene oft (stark) übergewichtig und ekeln sich vor sich selbst.
- Selektive Essstörungen: Dabei werden bestimmte Nahrungsmittel radikal vermieden.
Von Essstörungen betroffen sind überwiegend Mädchen. Die Erkrankung beginnt meist bereits im Kindes- und Jugendalter, in der Phase des Erwachsenwerdens und kann bis in das Erwachsenenalter andauern. Eine Diät ist in vielen Fällen der Startpunkt einer sich entwickelnden Essstörung. Es ist bekannt, dass Ernährung im Kopf beginnt. Mit einer systemischen Herangehensweise ist es möglich, den Menschen in seinem Umfeld zu begreifen und zu ihm dabei helfen, Lösungen zu finden.
Weitreichende Folgen von Essstörungen
Essstörungen sind weder körperlich noch geistig auf die leichte Schulter zu nehmen. Die möglichen Folgen von gestörtem Essverhalten sind vielfältig:
- Fehlentwicklung des Körpers mit Problemen wie Muskelschwund, brüchigen Knochen, Haarausfall und ausbleiben der Periode
- Bluthochdruck oder Diabetes (bei Übergewicht)
- Andere psychische Erkrankungen wie Depressionen bei Kindern und Jugendlichen
Bei vielen Betroffenen leidet die körperliche und geistige Gesundheit noch Jahre nachdem die tatsächliche Essstörung überwunden ist.
Was sind Ursachen für Essstörungen?
Die Auslöser für eine Essstörung sind meistens sehr komplex. Expert*innen sprechen2 davon, dass viele verschiedene Ursachen zusammenkommen. So gibt es biologische Ursachen, also eine genetische Veranlagung. Allerdings heißt es nicht, dass eine Person mit einer gewissen genetischen Veranlagung dann auch eine Essstörung entwickelt. Vielmehr kommen weitere Faktoren hinzu:
- Das familiäre Umfeld: In Familien, in denen negative Gefühle und Konflikte eher unterdrückt werden und die Eltern das Kind stark reglementieren kann es häufiger zu Essstörungen kommen. Auch die Trennung der Eltern kann ein einschneidendes, traumatisches Erlebnis sein, das die Welt auseinanderbrechen lässt.
- Individuelle Faktoren: Gerade Menschen mit instabilen Selbstbild und fehlendem Selbstwertgefühl sind häufiger von Essstörungen betroffen. Die Essstörung bietet Betroffenen dann maximale Kontrolle über sich und seinen Körper – bis es krankhaft wird.
- Gesellschaftliche Konventionen: Besonders das Bild des perfekten weiblichen Körpers kann Jugendlichen zum Verhängnis werden. Ausgrenzung und Mobbing tun dann ein weiteres dazu, eine Essstörung zu entwickeln
Wie erkennt man Essstörungen?
Es gibt verschiedene Anzeichen für Essstörungen, die Sie nicht unterschätzen sollten. Dazu gehören:
- Ständige Sorge um das eigene Gewicht und um Essen im Allgemeinen
- Nahrungsverweigerung
- Unkontrollierte Essanfälle
- Heimliches Essen
- Angst vor Gewichtszunahme
- Selbstmitleid und hoher Leidensdruck
- Selbstekel oder wenig Selbstwertgefühl
Ein weiteres Anzeichen ist, dass sich besonders Kinder und Jugendliche vollständig aus den eigenen Interessen zurückziehen und sich abkapseln. Auch lassen mit der Zeit die geistigen und körperlichen Kräfte nach. Wenn Sie eines oder mehrere dieser Anzeichen bei Betroffenen feststellen, dann sollten Sie Hilfe holen.
Welche Therapie-Möglichkeiten gibt es bei Essstörungen?
Die Behandlung einer Essstörung ist so individuell, wie der oder die Betroffene selbst. Gerade die Angst vor dem Essen kann zum unüberwindbaren Hindernis werden. Daher ist Hilfe von Extern, beispielsweise von einem/r Psycholog*in mit einer Weiterbildung wie einem Diätetik Seminar sinnvoll.
Die Therapie einer Essstörung benötigt vor allem Zeit. So wie die Erkrankung sich langsam anbahnt, so lange dauert auch die Heilung. Ziel ist es, Ursachen aufzudecken und ganz individuelle Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Die Therapie von Essstörungen kann ambulant oder in besonders schweren Fällen stationär in einer Spezialklinik erfolgen. Dort gibt es neben den Einzelsitzungen auch Gruppentherapien, die Betroffene nachhaltig unterstützen. Im Anschluss suchen viele Betroffene einer Essstörung den sicheren Hafen einer Selbsthilfegruppe, um nicht in alte Muster zurück zu verfallen.
Essstörungen nicht auf die leichte Schulter nehmen
Wenn Sie jemanden kennen, der von einer Essstörung betroffen ist, dann ist es wichtig, den- oder diejenige nicht noch mehr unter Druck zu setzen. Suchen Sie das Gespräch und begleiten Sie die Person liebevoll. Professionelle Hilfe, auch im Hinblick auf Ihre eigene Betroffenheit ist ebenfalls nicht verkehrt. Die erhalten Sie beispielsweise bei Beratungsstellen in Ihrer Nähe.
Quelle1: statista.com
Quelle2: netdoktor.de