Musiktherapie mit Kindern: So unterstützen Klänge Ihr Kind
Töne und Klänge haben für uns alle einen hohen Stellenwert im Leben – egal ob es das Lieblingslied, das uns sofort ein Lächeln auf das Gesicht zaubert, oder die warnenden Töne einer Sirene sind. Alle Klänge in unserem Umfeld haben einen gewissen Effekt auf uns: Bewusst oder unbewusst nehmen wir sie wahr und leben tagtäglich mit ihnen. Musik und Klänge können uns innerhalb von Sekunden beruhigen oder in Alarmbereitschaft versetzen.
Therapeut*innen nutzen diese Effekte auf unseren Körper und Geist ganz gezielt um Kindern und Jugendlichen mit Klängen zu helfen. In der Musiktherapie mit Kindern spielen alle Art von Tönen und Klängen die Hauptrolle. Was genau ist die Musiktherapie? Welche Kinder können davon profitieren? Und wie läuft eine Session in der Musiktherapie genau ab? Wir haben alle Fragen rund um die Musiktherapie mit Kindern zusammengetragen und für Sie beantwortet.
Kinder und Emotionen
Kinder lernen durch Erleben. Sie lernen, mit sich und ihrer Umwelt umzugehen und das beginnt schon im Kindergarten. Das Erlebte wird durch positive und negative Gefühle verstärkt. Das wiederum sorgt dafür, dass unsere Kinder sich emotional entwickeln und wesentliche emotionale Grundfertigkeiten ausbilden können. Dazu gehört beispielsweise der Umgang mit anderen Kindern, der Familie oder Fremden im Umfeld.
Während die meisten Kinder diese Entwicklungen mit all ihren Höhen und Tiefen gut meistern, fallen andere Kinder immer wieder durchs Raster. Die Folge: Sie entwickeln Störungen oder emotionale Auffälligkeiten. So waren im Jahr 2017 15,4 Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren von 1.000 Befragten1 von emotionalen Störungen betroffen. Dazu gehören beispielsweise gravierende Trennungsangst, soziale Ängstlichkeit oder Geschwisterrivalität bis hin zu phobischen Störungen. Zwar ist das nur ein relativ geringer Anteil der Kinder, allerdings sollten diese nicht unter den Tisch fallen. Denn aus diesen Störungen können sich mitunter viele psychische Erkrankungen bei Kindern entwickeln, mit denen die Betroffenen mitunter ihr ganzes Leben zu kämpfen haben. Die Musiktherapie mit Kindern kann für die Kleinen wahre Wunder wirken.
Mit Klängen heilen: Die Grundlagen der Musiktherapie
Die Musiktherapie ist wohl eine der am einfachsten zugänglichen Therapieformen, die wir kennen. Menschen jeden Alters lassen sich innerhalb von kurzer Zeit von Musik oder Klängen mitreißen. Und das schon sehr lange Zeit: In vielen Kulturen ist Musik ein wichtiger Bestandteil von Ritualen oder Feierlichkeiten. Musik kann zum Spiegel unserer Emotionen werden und bietet Zugang zu unseren Seelen.
Diese Eigenschaften von Tönen machen sich Musiktherapeut*innen zu Nutzen: In der Gruppe oder in Einzelsitzungen nutzen sie Musik um zu fördern, zu stabilisieren und das Wohlbefinden gezielt zu steigern. So kommt die Musiktherapie heute bei diversen Erkrankungen wie beispielsweise bei Depressionen aber auch bei Autismus zum Einsatz. Die Musiktherapie mit Kindern ist eine praxisorientierte Therapieform, die unterschiedliche Disziplinen miteinander verbindet2:
- Medizinische Aspekte
- Gesellschaftswissenschaften
- Psychologie
- Musikwissenschaft
- Pädagogik
Damit folgt die Musiktherapie unterschiedlichen Ansätzen wie der Tiefenpsychologie, der Verhaltens- und Lerntheoretischen Therapie sowie der systemischen Therapie und weiteren.
Bereits in der Ausbildung in der Musiktherapie erlernen Teilnehmer*innen die vielfältigen Ansätze und Methoden kennen. Sie erfahren, wie Musik wirkt und welche Effekte die Musiktherapie mit Kindern hat.
Die Methodiken
Expert*innen unterscheiden zwischen zwei Formen der Musiktherapie: Aktive und rezeptive Musiktherapie. In der aktiven Musiktherapie mit Kindern wird direkt musiziert, in der rezeptiven Therapie dagegen wirkt die Musik passiv. Musik wird vom Band abgespielt und ruft bedeutsame Erinnerungen oder Assoziationen ins Gedächtnis.
Für eine ganzheitlich nachhaltige Behandlung kommen allerdings noch einige weitere Punkte hinzu. So greift die Musiktherapie außerdem auf folgende Schritte zurück:
- Gespräche über das Erlebte, bei denen die Kinder und Jugendliche sich selbst und die Erfahrungen reflektieren können
- Die Beziehung zwischen Klient*in und Therapeut*in wird genutzt, um tiefer in die jeweiligen Problematiken einzusteigen
Wo wird Musiktherapie eingesetzt?
Musiktherapie kommt heute in vielen Bereichen vor: Musiktherapie in der Pflege zeigt am Ende des Lebens dementen oder einsamen Menschen ein Licht im Alltag. Sie wird aber auch bei psychischen oder psychosomatischen Störungen bei Menschen jedes Alters eingesetzt. Musiktherapie mit Kindern fokussiert sich besonders auf verhaltensauffällige oder behinderte Kinder und Jugendliche. Die meisten Kinder, die in der Musiktherapie behandelt werden, sind zwischen 4 und 18 Jahren alt.
Musiktherapie mit Kindern: Wie wird sie eingesetzt?
Musiktherapeut*innen nutzen Klänge und Töne auf unterschiedliche Art und Weise. Im Zentrum steht dabei fast immer das aktive und/oder gemeinsame Musizieren:
- Freie oder strukturierte Improvisation mit unterschiedlichen Instrumenten kehren das Innerste nach außen
- Mit angeleiteter Musikrezeption können sich Kinder weiterentwickeln
- Gemeinsames Singen fördert den kreativen Ausdruck
- Gemeinsame musikalische Projekte bringen die Kinder zum strahlen
Welche Instrumente kommen zum Einsatz?
In der Musiktherapie mit Kindern kommen unterschiedliche Instrumente zum Einsatz. Dabei ist es grundsätzlich nicht wichtig, ob das Kind ein Instrument im klassischen Sinne spielen kann. Wichtiger ist die individuelle Ausdrucksweise.
Besonders in den aktiven Teilen werden genutzt:
- Perkussion-Instrumente
- Leicht spielbare Instrumente
- Instrumente, die unterschiedliche Sinne ansprechen: taktil, optisch und akustisch
- Außereuropäische Instrumente, die ganz neue Eindrücke hervorrufen können
Einige Therapeut*innen setzen auch Instrumente mit Vorerfahrung ein, dazu gehören beispielsweise die Gitarre, das Klavier oder die Flöte. Die Auswahl des jeweiligen Instruments geschieht nicht willkürlich, sondern wird eng mit den Kind abgestimmt.
Wirkungen der Musiktherapie mit Kindern
In den Musiktherapie-Sitzungen interagieren Therapeut*innen mit dem Kind durch die Klänge wechselseitig. Dabei wird die uns eigene nonverbale Kommunikation in Musik „übersetzt“: Laute und leise Töne, schnelle oder langsame Rhythmen und Klänge bringen dem Kind und den Therapeut*innen einen spielerischen, musischen Zugang zu unterschiedlichen Gefühlswelten. Auch die Emotionen wie Lächeln, Beschämen oder andere Gefühle kommen durch die Musik zum Vorschein. Insbesondere Kinder, die mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben, finden so intuitiv einen Zugang zu ihren eigenen oft unterdrückten Gefühlen. Die Musiktherapie mit Kindern erleichtert es den Betroffenen, aktiv mit ihren Emotionen und ihrer eigenen Gefühlswelt umzugehen und mit der Außenwelt durch das Medium Musik unmittelbar in Kontakt zu treten.
Ziele der Musiktherapie mit Kindern
Die Musiktherapie mit Kindern ermöglicht es den Teilnehmer*innen, ganz unterschiedliche Ergebnisse zu erzielen. Dabei kann das dazu führen, dass:
- die Identität gestärkt und
- das Selbstbild verbessert wird,
- Kommunikations- und Handlungsspielräume erweitert werden.
- Ausdrucksmöglichkeiten jenseits der verbalen Kommunikation den Zugang und die Verarbeitung von Emotionen mit dem Gegenüber erleichtern bzw. oft erst ermöglichen.
Beispiele von Kindern, die mit der Musiktherapie einen Zugang zu ihren eigenen Gefühlswelten erhalten, zeigen, dass diese Hürde gemeistert werden kann. Kinder und Jugendliche mit psychischen und psychosomatischen Störungen profitieren vor allem von den leicht zugänglichen Methoden und dem Erleben der eigenen Möglichkeiten. Die Musiktherapie mit Kindern ermöglicht es, Grenzen spielerisch auszutesten und schlussendlich zu überschreiten – erlaubt ist, was gefällt und was zu einer positiven Entwicklung führt.
Musikalische Frühförderung bei Kindern – ist sie sinnvoll?
Musik erleichtert den Zugang zu Emotionen. Dabei können Sie Ihr Kind bereits ab dem ersten Tag aktiv unterstützen. Mit einer musikalischen Frühförderung bei Kindern, die einen festen Platz in der Familie und im Kindergarten haben, können Kinder gezielt in ihrer Entwicklung gefördert werden. Viele profitieren von den Auswirkungen nachhaltig:
- Die musikalische Intuition wird verbessert,
- Instrumente können später leichter erlernt werden.
- Der Gruppenzusammenhalt wird gesteigert und
- Kinder entwickeln durch Musizieren verbunden mit Bewegung ein eigenes Körpergefühl.
- Gemeinsames Erleben und Musizieren stärkt die Offenheit im Leben und schafft Vertrauen.
Sie selbst können also aktiv mithelfen und die Musik in den Alltag mit Ihren Kindern integrieren – Kinderlieder, gemeinsame Rituale und das gemeinsame Erleben von Musik und Klängen fördern dabei übrigens nicht nur die Entwicklung Ihres Kindes. Sie können auch dabei helfen, sich selbst als Eltern besser kennenzulernen.
Musik in der Luft: Gemeinsam Klangwelten schaffen
Sie sehen also, die Musiktherapie mit Kindern bietet viele Vorteile. Im Alltag lassen sich Klänge, Rhythmen und Musik spielend integrieren. Schaffen Sie Kindern einen Raum des Ausdrucks durch Klänge und Bewegung und geben Sie Emotionen Platz im Alltag – ohne Zwang und ohne Wertung. Wenn Sie sich für das Thema Pädagogik, Therapie im künstlerischen Bereich interessieren, dann informieren Sie sich über unsere Ausbildung, vielleicht mit dem Einstieg in unser kreatives Basisjahr.
Vertiefend können Sie mit Ihrer Begeisterung für Musik, den Beruf der Musikpädagogin oder Musiktherapeut*in erlernen. Im Sinne einer positiven persönlichen Entwicklung ist das eine sehr wichtige Entscheidung für Sie, Ihre Familie und Ihre zukünftige berufliche Weiterentwicklung.
Quelle1: statista.com
Quelle2: musiktherapie.de