Verhalten ändern nach Vera F. Birkenbihl
Unser Verhalten in bestimmten Situationen entscheidet darüber, wie wir wahrgenommen werden. Egal ob im Job, in der Familie oder unter wildfremden Menschen, wie wir auf unser Umfeld reagieren beeinflusst unsere Beziehungen und schlussendlich unser ganzes Leben. Schon während wir aufwachsen legen wir Menschen uns bestimmte Strategien und Verhaltensmuster zu, die wir teilweise bis ins Erwachsenenalter mitnehmen.
Allerdings können manche davon eher nach hinten losgehen und uns sogar schaden, als uns langfristig nützen: Wenn wir beispielsweise in stressigen Situationen, die uns überfordern, Mitarbeiter mit lautem Ton zurechtweisen oder gar anschreien, statt konstruktiv Kritik zu üben. Unser Gegenüber wird uns als anstrengend und unreguliert empfinden. Wir zeigen anhand von Vera F. Birkenbihls Methode, wie Sie Ihr Verhalten ändern und aus Verhaltensmustern gezielt ausbrechen können.
Wer war Vera F. Birkenbihl?
Vera F. Birkenbihl1 war im Bereich Managementtraining aktiv und zudem auch Buchautorin. Mit ihrem Hintergrundwissen aus ihrem Psychologie- und Journalismus Studium entwickelte Birkenbihl in den 1970er Jahren bestimmte Lerntechniken, wie beispielsweise das gehirngerechte Lernen. Ihre Fachgebiete erstreckten sich über
- Lernen und Lehren
- Analytisches und kreatives Denken
- Persönlichkeitsentwicklung
- Numerologie
- Gehirnspezifische Geschlechterunterschiede
Birkenbihl starb 2011, allerdings sind ihre Methoden in Fachkreisen immer noch anerkannt. Auf YouTube sind ihre Lektionen richtige Hits.
Menschliches Verhalten – eine Sache der Evolution
Viele unserer Verhaltensmuster lassen sich evolutionär begründen2. So hat die Steinzeit einen großen Einfluss auf unser Erbmaterial und damit auch auf unser Verhalten. Besonders in Extremsituationen, wie das beispielsweise zu Beginn der weltweiten Corona-Pandemie anhand von gehamstertem Toilettenpapier oder dem Glauben an Verschwörungstheorien sichtbar wurde. Der Evolutionspsychologe und Psychiater Martin Brüne von der Ruhruniversität in Bochum prägt das Bild von der Verbindung vom heutigen Menschen bis in die Steinzeit. Die Epoche in unserer Entwicklung, in der Menschen langsam sesshaft wurden und im Sommer Vorräte für den Winter anlegen mussten.
So prägt diese Epoche unsere Verhaltensweisen bis heute – auch dann, wenn wir versuchen sie zu verändern. Damals waren es Anpassungen an durchaus lebensbedrohliche Situationen und Gefahren. Heute manifestiert sich das zum Beispiel in der weit verbreiteten Angst vor Schlangen oder anderen Ängsten im Alltag. Verschiedene Verhaltensmuster haben sich entwickelt und sind bis heute für uns wichtig – andere, die mit Sicherheit auf einem animalischen Ur-Gen fußen, möchten wir lieber los werden.
So verändern Sie ihr Verhalten langfristig
Besonders dann, wenn Sie dazu neigen, impulsiv und aufbrausend zu reagieren, sollten Sie etwas tun und Ihr Verhalten ändern. Langfristig werden Sie sonst mitunter sozial vereinsamen. Vera F. Birkenbihl hat dafür zwei unterschiedliche Methoden entwickelt, wie Sie eigenständig etwas an Ihren Verhaltensweisen verändern können.
Betrachten wir diese Beispiel-Situation3: Ein Mitarbeiter macht einen Fehler, den sie oder er wiederholt getan hat und der Sie extrem aufregt. Wie reagieren Sie? Sie schreien den/die Mitarbeiter*in an. Was ist hier passiert? Ihr Gehirn hat durch einen Auslöser auf Autopiloten geschaltet. Oder anders ausgedrückt: Durch den Trigger sind Sie in eine Stereotypie gefallen, ein bestimmtes Verhaltensmuster. Das zeichnet sich dadurch aus, dass
- Sie selbst keinen Einfluss auf Ihre Reaktion mehr haben
- Sich das Verhalten immer und immer wieder gleich abspielt
- Sie immer wieder in dieselbe Situation geraten und getriggert werden, dieses Verhaltensmuster abzuspielen.
Methode 1: Extrem-Reflexion
Birkenbihl beschreibt in einem ihrer Vorträge eine Methode, Verhalten zu verändern: Dabei stellen Sie sich selbst immer wieder die Frage „Was will ich erreichen?“ oder „Was ist mein Ziel?“. Birkenbihl schlägt vor, diese Fragen auf einen Audioträger aufzusprechen und sich selbst immer und immer wieder vorzuspielen. Der Trick: Sie antworten verbal auf diese Frage. Immer und immer wieder über mehrere Stunden hinweg. Zunächst seien die Antworten ganz klar, mit der Zeit reflektieren Sie immer mehr über diese Fragen und Ihr Verhalten, das Sie verändern möchten.
Schlussendlich setzt Frust ein – auf den Sie vorbereitet sind und daher durch diese Phase hindurch gehen können – bis schließlich der Durchbruch geschieht und Sie den Mechanismus, also das Verhaltensmuster, verändern können. Was diese Methode bewirkt: Sie setzen sich ganz bewusst mit dem Ursprung und dem Warum Ihres Verhaltens auseinander und durchbrechen es schlussendlich. In kommenden Situationen mit Trigger sind Sie vorbereitet und können von sich aus anders reagieren, da Sie sich der Gefahr bewusst sind.
Methode 2: Zeitreise
Hierbei springen Sie gedanklich vor die Verhaltensmuster auslösende Situation. Was hat Sie dazu gebracht, dieses Verhalten an den Tag zu legen? Verbalisieren Sie auch hier Ihre Strategie. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Sie haben die Mitarbeiterin angeschrien, damit sie in Zukunft das Problem erkennt, morgen fröhlich auf die Arbeit kommt und diesen Fehler nie wieder macht. Sie merken es selbst, das klingt absurd. Mit dieser Selbstreflexion begreifen Sie den Irrsinn der Situation und Ihres Verhaltens – mit der Zielsetzung, das beim nächsten Mal zu erinnern und das Verhaltensmuster zu ändern.
Quelle1: vera-birkenbihl.de
Quelle2: deutschlandfunk.de
Quelle3: youtube.com