Zu früh in die Kinderkrippe: Welche Risiken gibt es?

Immer weniger Familien können es sich heute leisten, ihr Kind bis zum Start in den Kindergarten komplett zu Hause zu betreuen. Mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten und dem Anspruch unserer Gesellschaft sind alleinerziehende Mütter oder Väter und auch Familien immer mehr dazu angehalten, dass beide Eltern früh wieder mit dem Arbeiten anfangen.
Die Kinderkrippe, in der schon die kleinsten fremdbetreut werden, ist heute ein wichtiger Teil der Kinderbetreuung geworden. Doch gibt es möglicherweise Risiken durch die Fremdbetreuung, also wenn Kinder zu früh in die Krippe kommen? Kann die Kita schaden? Wir gehen der Sache auf den Grund.
Fremdbetreuung: Früh in die Krippe und die Entwicklung Ihres Kindes
Immer mehr Kinder zwischen 0 und 6 Jahren werden heute in Deutschland in Kinderkrippen betreut. Laut statistischem Bundesamt1 sind das bis zum 1. März 2022 838.700 Kinder. Die Fremdbetreuungsquote der unter Dreijährigen liegt damit bundesweit bei etwa 36 Prozent. 2022 sei der Trend hin zu einem frühen in die Krippe geben im Vergleich zu den Vorjahren nochmals gestiegen und zwar um 3,6 Prozent.
Erfreulich in diesem Zusammenhang: Das Personal in der Kindertagesbetreuung ist bereits 2021 um 3,2 Prozent mitgestiegen. Dabei geht die Zahl der Kinderkrippen nach oben, die Zahl der Tagesmütter- oder -väter allerdings tendenziell eher nach unten.
Gründe für eine frühe Kita-Betreuung sind vielfältig
Eltern in Deutschland haben einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kind. Daher werden oft schon die kleinsten früh in die Krippe gegeben. Die Gründe dafür sind vielfältig und meist sehr individuell:
- Alleinerziehende Mütter müssen zurück in ihren Job, um für die Familie zu sorgen
- Mütter sind heute nicht mehr gezwungen, die Karriere für Kinder aufzugeben und/oder möchten den Anschluss im Berufsalltag nicht verlieren
Manche Familien sind auch schlicht und ergreifend auf ein zweites Einkommen angewiesen, um ihren Lebensstandard zu halten.

Die kleinsten früh in die Krippe gegeben – Gründe dafür sind vielfältig und individuell
Zu früh in die Krippe? Diese Risiken gibt es
Expert*innen sind sich nicht ganz einig, ob die frühe Betreuung in der Krippe oder Kita schädlich oder eher förderlich für Ihr Kind ist. Dennoch lässt sich bei manchen Kindern nicht von der Hand weisen, dass es ein zu früh in die Krippe geben kann.
Ängste beim Kind
Besonders die ersten 6 Monate sind für Mutter und Kind eine intensive Zeit. Hier empfindet sich das Baby als der Mutter zugehörig und ist eng an sie gebunden. Nach dem ersten halben Jahr beginnt das sogenannte Fremdeln, in diesem Zeitraum beginnt es, die Welt zu erkunden. Dabei greift Ihr Kind allerdings immer noch auf die Bindung zur Mutter oder eine verlässliche Vertrauensperson zurück – eine Fähigkeit, die langsam dazu führt, dass das Kind in die Welt hineinfindet. Mit 18 bis 24 Monaten kann Ihr Kind dann ein Bild von den Eltern im Kopf speichern und erkennt sich als „ich“.
In dieser Phase entstehen große Veränderungen: Sich selbst zu begreifen ist ein langwieriger Prozess. Besonders in diesen Phasen ist Ihr Kind oft verunsichert und kann Verlassenheits- und Einsamkeitsängste entwickeln. Aber auch klassische Schlafstörungen bei Kindern treten hier vermehrt auf. Einige Expert*innen sehen gerade in der frühen Eingewöhnung in die Krippe hohes Risikopotential für eine Störung dieses Prozesses.
Besonders dann, wenn Kleinkinder eine vielstündige Krippenbetreuung erfahren, also die Mutter am Tag kaum sehen. Gerade bei eher stillen Kindern, sei der Stress einer frühen Krippenbetreuung extrem hoch und beeinflusse dadurch das ganze restliche Leben2.
Reizüberflutung
Gerade Kleinkinder sind getrieben von äußeren Reizen. Wenn Kinder zu früh in die Krippe kommen und damit direkt auf eine größere Gruppe Kinder, dann ist Reizüberflutung beinahe schon vorprogrammiert. Besonders, wenn Ihr Kind über lange Zeiträume immer wieder diesen Reizen ausgesetzt ist, hat es wenig Chancen, die Welt eigenständig zu erkunden. Folgen können sein:
- Schwächung der Wahrnehmungskraft
- Konzentrationsschwächen in den Folgejahren
- Innerer Rückzug in sich selbst

Bei eher stillen Kindern ist der Stress einer frühen Krippenbetreuung extrem hoch
Expert*innen legen nahe3, dass es später mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu Verhaltensauffälligkeiten kommen kann, je früher, je mehr Stunden und je mehr Jahre ein Kind bis zum 6. Lebensjahr Zeit in der Krippe verbringt. Möglicherweise ist das auch ein Grund dafür, warum die Aggressivität bei Kindern kontinuierlich steigt. Allerdings muss auch angemerkt werden, dass das familiäre Umfeld und die daraus resultierenden Chancen/Vorbilder ebenfalls großen Einfluss auf die potentiell negative Entwicklung eines Kindes hat.
Problem zu früher Krippenbetreuung: Fehlentwicklungen kognitiver Fähigkeiten und Sprache?
Zwar belegen Studien4, dass in Kinderkrippen, die qualitativ hochwertig sind, keine gravierenden Hinweise auf eine fehlgeleitete kognitive Entwicklung der Kinder vorliegen. Allerdings findet in vielen Fällen auch keine oder wenig Förderung für benachteiligte Kinder auf diesem Gebiet statt. Meist aufgrund von Mangel an geschultem Personal in der Kinder- und Jugendpädagogik. So kann es durchaus sein, dass einige Kinder kognitiv und sprachlich weiter sind, während andere, die früh in eine nicht ganz so hochwertige Krippe kommen, eher zurückbleiben.

Soziale Interaktion ist wichtig für die kindliche Entwicklung
Kind zu früh in die Krippe oder doch lieber warten – das ist Ihre Entscheidung
Generell ist die Forschung sich nicht komplett einig darüber, ob ein früher Krippenstart nun mit mehr Risiko behaftet ist als ein späterer Einstieg im Kindergarten. Es kommt, so die Meinung vieler Expert*innen, schlussendlich auf das jeweilige Kind an. Sie als Eltern wissen am besten, wie Ihr Kind ist und sollten daher genau abwägen, ob ein früher Einstieg in die Fremdbetreuung sinnvoll ist oder nicht. Wovon die meisten Expert*innen allerdings abraten, das ist eine dauerhafte, über den kompletten Tag bis in die Abendstunden gelegte Fremdbetreuung.
Quelle1: destatis.de
Quelle2: fuerkinder.org
Quelle3: familienarbeit-heute.de
Quelle4: familienarbeit-heute.de