Ab wann zum Arzt trotz Arztphobie?
Vielleicht kennen Sie das, dass manche Menschen schon bei der Erwähnung eines Arztbesuchs zur Abklärung von Schmerzen Schweißausbrüche bekommt? So schlimm ist es gar nicht, ich komme schon mit Hausmitteln klar und überhaupt, was will mir der denn sagen? Menschen, die tiefgreifende Ängste vor Ärzt*innen und deren Behandlung haben, weigern sich vor Furcht oft überhaupt eine Praxis zu betreten. Oft greifen Sie stattdessen auf alternative Heilmethoden und Hausmittel zurück, bis es eben nicht mehr geht. Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld unter Arztphobie leiden, dann finden Sie hier praktische Tipps, um Betroffenen direkt zu helfen.
Arztphobie: Was ist das eigentlich?
Die Psychologie versteht unter einer Phobie im Allgemeinen eine übertriebene Angst vor Situationen oder bestimmten Objekten. Phobien fallen in die Kategorie der Angststörungen, die sich auch als Panikstörung zeigen kann. Meistens sind diese Ängste irrational und hängen den Betroffenen hartnäckig an1. Eine Arztphobie ist demnach die Angst davor, sich medizinischen Rat zu suchen und eine Praxis oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Sie wird in der Fachsprache auch Latrophobie genannt.
Symptome einer Arztphobie
Menschen, die unter einer Arztphobie leiden, verweigern jegliche Art der ärztlichen Vorsorge, Diagnose oder Behandlung. Diese Symptome können Sie feststellen:
- Betroffene gehen überhaupt nicht mehr zu Vorsorgeuntersuchungen
- Schmerzen werden ausgehalten und Krankheiten oder Beschwerden verharmlost
- Haben Betroffene doch einen Arzttermin, dann leiden sie schon Tage vorher darunter (Die Arztphobie greift direkt in den Alltag ein)
Die Folgen einer Arztphobie sind klar: Wer nicht zur Vorsorge geht, bei dem werden schwerwiegende Erkrankungen nicht frühzeitig erkannt. Diese späte Erkennung senkt meistens den Lebensstandard bis hin zur Lebenserwartung von Betroffenen.
Arztphobie ist nicht gleich Arztphobie
Die Latrophobie ist nicht so eindeutig zu bestimmen, da diese Angststörung mit verschiedenen weiteren Störungen in Kombination auftreten oder sie schlussendlich aus einer anderen Problematik resultieren kann. So kann zum Beispiel eine Aphephosmophobie, eine Angst vor Berührungen, vorliegen und auf die Arztphobie einzahlen. Weitere krankhafte Störungen, die eine Arztphobie begleiten können sind:
- Nosophobie, die generelle Angst vor Erkrankungen
- Kanzerophobie, die phobische Angst vor Krebs
- Trypanophobie, die Angst vor Impfung
Aber auch bestimmte Erlebnisse, die tiefgreifend in die Psyche von Betroffenen eingebrannt sind, können die Arztphobie als Folgeerscheinung mit sich bringen. Dazu gehört beispielsweise die Posttraumatische Belastungsstörung.
Angst vor Untersuchungen – Keine Einzelfälle
Jeder hat in seinem Leben einmal Bedenken oder gar Bammel, zum/zur Ärzt*in zu gehen. Tatsächlich verspüren allerdings mehr Menschen tiefgreifende Angst vor ärztlichen Untersuchungen als wir denken: So seien rund 2 Millionen Deutsche von einer Arztphobie betroffen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten beispielsweise, dass rund 30 Prozent der Menschen, die in eine Praxis gehen, unter sogenanntem „Weißkittelbluthochdruck“ leiden. Sprich, ihr Blutdruck steigt beim Betreten der ärztlichen Räume im Vergleich zum Alltag2.
Ursachen einer Arztphobie
So vielfältig und individuell wie die Arztphobie und ihre Begleiterscheinungen sind, so vielfältig sind auch die Ursachen für die psychische Erkrankung. Mögliche Ursachen sind beispielsweise:
- Schlechte Erfahrungen mit Ärzt*innen im Kindesalter oder durch Falsch-Diagnosen und unsensible Ärzt*innen
- Verzerrte Erinnerungen an Arztbesuche, vor allem dann, wenn Patient*innen unter akuten Schmerzen litten
- Vermittlung von negativen Arzt-Erfahrungen durch die Eltern
- Angst vor Ansteckung in der Praxis
- Angst vor Kontrollverlust
Die Ursachen für eine ausgeprägte Arztphobie können also sehr vielfältig sein. Oftmals sind sie auch eine Kombination aus unterschiedlichen Faktoren, die schlussendlich eine Arztphobie begünstigen.
Die Arztphobie überwinden: Wann zum Arzt?
Menschen, die unter einer Arztphobie leiden, wenden sich statt der klassischen Medizin lieber der alternativen Medizin wie der Naturheilkunde oder der Möglichkeit, Schmerzen natürlich zu behandeln zu. Das ist per se auch nicht falsch, da die Naturheilkunde und ihre unterschiedlichen Disziplinen heute als klare Ergänzung zur klassischen Medizin gelten. Menschen, die beispielsweise eine Ausbildung als Heilpraktiker*in für Psychotherapie absolviert haben, betrachten Klient*innen nicht nur rein aus der medizinischen Sicht, sondern eher ganzheitlich.
Diese alternativen Behandlungsmethoden sind als Ergänzung und nicht als alleiniges Heilmittel zu verstehen. Sie können ein erster Schritt sein, um Hilfe und Heilung für psychische oder physische Leiden zu suchen. Es ist sehr wichtig, wenn die Erkrankung keine Besserung zeigt, sondern im Gegenteil schwerer oder gar lebensbedrohlich wird, trotz Arztphobie einen solchen aufzusuchen. Oft finden sich auch Ärzt*innen, die die Naturheilkunde mit der klassischen Medizin kombinieren. Wir haben ein paar Tipps zusammengetragen, die Ihnen oder Betroffenen einer Arztphobie helfen können, sich zu überwinden.
Gehen Sie offen mit Ihrer Angst um
Wenn Sie dem Personal der Praxis und Ihrer Ärzt*in klar kommunizieren, dass Sie unter einer Arztphobie leiden, dann werden diese ganz anders mit Ihnen umgehen. Das Praxispersonal ist für solche Fälle meist extra geschult und kann Sie aktiv unterstützen. Es ist auch ok, eine Vertrauensperson zum Termin mitzunehmen. Diese kann Sie ablenken und Ihnen Mut zusprechen. Es gibt auch Praxen oder Kliniken, die sich auf Patient*innen mit Latrophobie spezialisiert haben.
Machen Sie sich die Zeit danach bewusst
Warum gehen Sie zum/zur Ärzt*in? Sie gehen dorthin, um keine neuen Schmerzen zu durchleiden, sondern um sich danach besser zu fühlen. Halten Sie sich dieses Ziel des „besser als jetzt sein“ fest vor Augen. Belohnen Sie sich auch selbst, indem Sie direkt nach dem Arztbesuch etwas besonders Schönes einplanen, auf das Sie sich freuen können, eine echte Belohnung für Ihren Mut.
Bereiten Sie sich bewusst vor
Vielleicht sind Sie ja auch jemand, der Dinge so stark „zerdenken“ kann und sich dann tagelang die furchtbarsten Situationen ausmalt, was alles schief gehen könnte. „So schrecklich könnte es werden, das könnte alles schiefgehen…“Das beflügelt in vielen Fällen Ihre Arztphobie, weil Sie sich genau ausmalen können, wie furchtbar der Besuch wird. Bereiten Sie sich stattdessen bewusst auf den Arztbesuch vor. Dazu können Sie beispielsweise Fragen notieren, die für Sie wichtig sind. So beschäftigen Sie sich schon im Vorfeld konstruktiv und vernünftig mit dem Termin und die Angst kann Sie nicht ganz so schnell übermannen.
Quelle1: spektrum.de
Quelle2: stuttgarter-zeitung.de