Erste Hilfe bei psychiatrischen Notfällen: So können Sie die psychische Gesundheit unterstützen
Wenn wir im Verkehr einen Unfall beobachten, dann ist für die meisten Menschen klar, was zu tun ist: Die wichtigen Schritte der Ersten Hilfe bei Notfällen können sich die meisten, wenn es hart auf hart kommt, ins Gedächtnis rufen und auch anwenden. Es gehört bei vielen zum Grundwissen dazu. Aber wie steht es in anderen Ausnahmesituationen, bei denen es nicht um körperliche Verletzungen geht? Auch bei psychischen Notfällen bedarf es einer besonderen Form von Erster Hilfe, um die psychische Gesundheit der Betroffenen zu retten. Wie genau sieht die aus? Welche Möglichkeiten haben Sie, psychische Gesundheitsprobleme zu erkennen und schnell zu helfen? Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
Was sind psychische Notfälle eigentlich?
Psychiatrische Krisen können sehr unterschiedlich ausfallen. Meistens haben sie die verschiedensten Ursachen, wie zum Beispiel ein körperliches Leiden, das zum Ungleichgewicht der psychischen Gesundheit und der Seele führt. Wenn sich Ereignisse zuspitzen, können schnell Situationen entstehen, die die psychische Gesundheit gefährden und Erste Hilfe nötig machen. Zu den klassischen psychiatrischen Notfällen gehören:
- Extatische Erregungszustände bei Menschen, die unter Depressionen, Schizophrenie oder instabilen Persönlichkeitsstörungen leiden
- Aggressivität und Gewalttätigkeit gegen sich selbst und andere
- Paranoide Phasen und Halluzinationen wie Verfolgungswahn
- Katatonie, das Verharren in Bewegungsabläufen, Lauten oder Haltungen
- Vergiftungen wie Alkoholvergiftungen oder Drogenräusche, die psychiatrische Symptome begünstigen
- Selbstmordversuche
Psychische Krisen bauen sich oft langsam auf
Diese Ausprägungen der psychischen Krise sind die sichtbare Spitze des Eisberges. Psychische Notfälle, die gesundheitsgefährdend sind und Erste Hilfe benötigen, müssen nicht schlagartig eintreten. Sie können sich über Tage oder Wochen hinweg aufbauen. Wenn Sie Menschen in Ihrer Familie oder Ihrem Umfeld haben, die unter bekannten psychischen Erkrankungen leiden, sollten Sie daher immer wieder genau hinschauen.
Auslöser für psychiatrische Notfälle sind vielfältig
Gerade Menschen, die bereits an psychischen Problemen leiden, sind prädestiniert für psychiatrische Notfälle aller Art. Aber nicht nur vorbelastete Menschen können von psychischen Notfällen betroffen sein. Extremsituationen wie
- Zeuge eines schweren Unfalls zu sein
- Stress-Symptomatik
- andere Traumata
können Auslöser für psychiatrische Notfälle, bei denen Erste Hilfe nötig ist, sein. Hier gilt es für Betroffene und Beobachter zum Beispiel, die Warnsignale des Körpers richtig richtig zu deuten.
Psychische Krisen erkennen
Da die Auslöser für psychische Krisen so unterschiedlich sein können, ist es nicht immer ganz einfach zu erkennen, ob jemand Erste Hilfe benötigt, um seine psychische Gesundheit nicht zu schützen. Wir haben die wichtigsten Merkmale einer solchen Situation zusammengefasst:
- Kontakt zur betroffenen Person herzustellen ist sehr schwer oder komplett unmöglich.
- Die Person zeigt ungewöhnliches Verhalten oder ist komplett abwesend.
- Die Person handelt unkontrolliert (Gefühlsausbrüche) unter Umständen auch aggressiv.
- Das Gegenüber zeigt akute Belastungsreaktionen wie Nervenzusammenbrüche
- Direkte Ankündigungen wie Suizidabsichten oder Gewalttaten gegenüber anderen werden ausgesprochen.
Wichtig: Bei einer psychiatrischen Krise können die betroffene Person und das Umfeld, also Sie selbst, in Lebensgefahr schweben. Weitere tiefgreifende Folgen wie die dauerhafte Schädigung der psychischen Gesundheit auch bei Erster Hilfe ist nicht ausgeschlossen. Daher sollten Sie diese Situationen unbedingt sehr ernst nehmen und parallel umgehend medizinische Hilfe verständigen.
Erste Hilfe Maßnahmen bei Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit
Sie haben unterschiedliche Möglichkeiten in der Ersten Hilfe bei Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit aktiv zu werden1:
- Ruhe bewahren: Es ist nicht einfach, aber bleiben Sie unbedingt ruhig. Lassen Sie sich nicht erst auf lange Diskussionen mit Betroffenen ein, sondern handeln Sie selbstbestimmt. Auch wenn es schwerfällt, schieben Sie Ihre eigenen Gefühle zur Seite.
- Holen Sie schnell professionelle Hilfe: Besonders bei Selbst- und Fremdgefährdung verständigen Sie am besten die Polizei 110 oder die Feuerwehr 112 und befolgen Sie die Instruktionen.
- Sprechen Sie mit Betroffenen: Zeigen Sie der Person, die sich in der Krise befindet, dass Sie da sind. Versuchen Sie dabei Ruhe auszustrahlen und die Person zu besänftigen. Vermitteln Sie, dass Sie das Gegenüber ernst nehmen.
- Betroffene nicht alleine lassen: Sobald Sie die Rettungskräfte verständigt haben, sollten Sie Betroffene nicht aus den Augen lassen. Halten Sie den Kontakt, auch wenn Sie mit der Person nur telefonisch verbunden sind, bis Hilfe eintrifft.
- Gefährden Sie sich nicht selbst: Halten Sie bei aggressiven Personen Abstand und zeigen Sie Ihrem Gegenüber klare Grenzen auf.
Die Beisheim Stiftung bietet zudem Kurse an, die Ersthelfer*innen für psychische Krisen und zur Förderung der psychischen Gesundheit ausbildet. Mit dem MHFA Erste-Hilfe-Kurs unterstützen Sie Menschen dabei, Krisen zu meistern und schützen deren psychische Gesundheit.
Selbst betroffen?
Sie leiden unter einer psychischen Erkrankung oder merken, dass Sie mit Ihrem Alltag oder einer bestimmten Situation emotional überfordert sind? Dann zögern Sie nicht, selbst Erste Hilfe für Ihre psychische Gesundheit zu leisten und sich professionelle Hilfe zu holen.
Präventiv tätig werden
Sie möchten Menschen dabei unterstützen, ihre psychische Gesundheit zu festigen, sodass es gar nicht erst zu Situationen kommt, in denen Erste Hilfe nötig wird? Mit einer Ausbildung zum Mentaltrainer*in haben Sie beispielsweise die Möglichkeit, Menschen zu einem bewussten und selbstbestimmten Leben zu verhelfen. Ziel ist es hierbei, Emotionen sowie Stress-Situationen gut zu meistern und zu verarbeiten. Sie interessieren sich für die Traumatherapie? Die Ausbildung in der systemischen Traumatherapie bietet bietet Ihnen die Möglichkeit, den Menschen und seine Probleme innerhalb seiner persönlichen Gefüge zu erkennen. Auf dieser Basis können schmerzhafte Situationen besser verarbeitet werden.
Erste Hilfe für die Psyche kann Leben retten
Wenn sich Menschen in psychischen Krisen, die Ihre Gesundheit akut gefährden, befinden, dann sollten Sie unbedingt Erste Hilfe leisten. Egal ob es sich um eine/n Angehörige*n oder jemand vollkommen Fremdes handelt – wichtig ist, dass Betroffene das Gefühl vermittelt bekommen, dass jemand Ihnen beisteht. Riskieren Sie allerdings wie bei der klassischen Ersten Hilfe bei einem Verkehrsunfall nicht Ihre eigene Gesundheit, sondern verständigen Sie frühzeitig die Rettungskräfte. Beobachten Sie Ihre Familienmitglieder und Ihr Umfeld genau und werden Sie gerne präventiv tätig. Denn wir alle müssen es gar nicht erst soweit kommen lassen, dass eine Erste Hilfe für unsere psychische Gesundheit notwendig wird.
Quelle1: gesundheit.gv.at