Freunde, die ich nie kennenlernte: Social Media, Gaming, Serien und Co.

Social Media und andere Plattformen wie Videospiel-Foren oder Fanseiten bestimmter Serien machen es leichter als noch vor einigen Jahren, neue Bekanntschaften zu schließen und vielleicht sogar Freundschaften zu knüpfen. Doch lassen sich diese Freundschaften mit den „echten“ offline-Freundschaften vergleichen, die unsere Eltern noch hatten? Ja und nein, es hängt eben davon ab, was man aus der Social Media Freundschaft macht.

Social Media = Gift für Freundschaften?

Ohne Frage ist die Zahl der Online-Bekanntschaften und – häufig auch Freundschaften – durch Social Media in den letzten Jahren exorbitant gestiegen. Darauf weisen zahlreiche Statistiken hin. So hatte im Jahr 2018 der durchschnittliche Facebook-Nutzer (immerhin sind das mehrere Millionen Menschen) laut PEW Research Center¹, im Schnitt 338 Freunde. Fragt sich nur, ob das auch echte Freundschaften sind, die sich da über Social Media etablieren oder ob sich mehr Schein als Sein dahinter verbirgt. Die Forschung vertritt unterschiedliche Ansichten.

Online-Freundschaften werden häufig anders gelebt

Es beginnt schon damit, dass Online-Freundschaften sich häufig anders definieren als Freundschaften im realen Leben. Wer sich mit Personen über Facebook vernetzen möchte, muss eine Freundschaftsanfrage schicken. Unabhängig davon, ob wir diese Personen auch offline als Freunde bezeichnen würden. Denn sowohl flüchtige Bekannte aus der Mensa als auch ein/e längst vergessene/r Schulfreund*in aus der Grundschule, fallen beide in die Kategorie „Freund*in“. Daran zeigt sich schon, dass bei Social-Media-Kontakten, zumindest bei denjenigen, die über Facebook entstehen, weniger differenziert werden kann.

Ein anderer Hinweis auf die Verschiedenheit der Freundschaften ist die große Anzahl an „Freunden*innen“, die einige Personen in den sozialen Netzwerken haben. 400 oder gar 600 Freunde*innen wird wohl kaum jemand von uns im realen Leben haben, in den sozialen Medien ist das jedoch überhaupt nichts Ungewöhnliches.

Diese Diskrepanz zwischen Online- und Offline-Freundschaften bestätigt auch eine Studie des britischen Forschers Robin Dunbar, die im Jahr 2016 an der Universität Oxford durchgeführt wurde. Die Wissenschaftler*innen kamen zu dem Ergebnis, dass Social-Media-Nutzer*innen und von ihnen besonders Facebook-User*innen, nur ungefähr vier Mitglieder ihrer Online-Freundesliste tatsächlich als echte Freunde*innen oder enge Bezugspersonen sehen.

Anders ausgedrückt: Wir können zwar eine ganze Menge Social-Media-Freunde*innen haben, die eine echte Freundschaft nicht ersetzen können. Die Distanz zwischen Online- und Offline-Welt lässt sich häufig eben doch nicht so leicht überbrücken.

Sind Online-Freunde echte Freunde?

Ruiniert Social Media echte Freundschaften?

Ob man nun jedoch davon sprechen kann, dass Social Media echte Freundschaften ruiniert, wie einige Stimmen in den Medien das tun, ist fraglich. Es gibt auch diejenigen Fälle, in denen sich Freundschaften über Social Media erst finden. Über Gaming-Communities oder Fanseiten zum Beispiel finden sich immer wieder Gleichgesinnte, die sich hin und wieder eben auch im realen Leben treffen. Für einige, eher schüchterne Menschen, ist Social Media damit eine Möglichkeit, online neue Freunde*innen zu finden und diese Bekanntschaften in die offline-Welt zu übertragen. Und das ist doch ein durchaus positiver Aspekt.

Jedoch gilt leider auch hier, dass es zwei Seiten der Medaille gibt. Der Forscher Brain Primack von der Universität Pittsburgh kam bei seiner Studie aus dem Jahr 2017 zu einem eher unerfreulichen Ergebnis: Seiner Untersuchung zufolge führt starker Internetkonsum dazu, dass sich Personen eher sozial isolieren. Dabei reichten schon mehr als zwei Stunden täglich im Internet aus, die sozialen Vereinsamung zur führen können.

Soziale Isolation durch starken Internetkonsum?

Vereinsamung trotz hunderter Freunde online

Gerade hier lauert also die Gefahr, sozial zu vereinsamen, obwohl man doch so viele Kontakte im Netz hat. Diese Entwicklung dürfte ungleich mehr Menschen betreffen, als die oben angesprochene Chance für schüchterne Personen, neue Freunde*innen online zu finden. In einer weltweiten Umfrage im Auftrag der BBC² gaben immerhin 40 Prozent der 16- bis 24-jährigen an, dass sie sich trotz sozialer Kontakte im Netz oft einsam fühlen. Einem Instagram-Profil ist man eben schnell entfolgt und die scheinbare Freundschaft damit beendet. Genau das kann zu großen Problemen führen bei der Bewältigung des Alltags. Wichtig ist es darum, den richtigen Weg für sich zu finden.

Die Einsamkeit kann zum Beispiel daher kommen:

• Wir haben weniger Zeit für echte, reale Freundschaften, wenn wir unsere komplette Freizeit in den sozialen Medien verbringen.
• In den sozialen Medien werden häufig nur positive Erlebnisse wie Urlaubsfotos oder Schnappschüsse von Partys gepostet. Erleben wir das aktuell nicht, kann uns das traurig machen und das Gefühl vermitteln, ausgeschlossen zu sein.
• Da hauptsächlich positive Ereignisse in den sozialen Medien geteilt werden, bekommen wir außerdem das Gefühl, dass nur wir Probleme haben. Alle anderen machen Urlaub oder gehen schick essen, während wir zum Beispiel gerade in einer Beziehungskrise stecken.
• Wir müssen lernen, uns davon abzugrenzen und Stress, den wir im Beruf oder auch im privaten Leben haben, anders zu bewältigen als mit der Flucht in ein virtuelles Leben.

Das Fatale daran: Mit den Bekanntschaften aus dem Netz kann man sich häufig nicht über diese Probleme und Gefühle austauschen. Denn diese flüchtigen Kontakte sind ganz häufig eben recht oberflächlich. Echte Freundschaften helfen uns also dabei, unsere Resilienz zu fördern, da durch einen tieferen Austausch das, was uns beschäftigt, verarbeitet werden kann.

Was ist echte Freundschaft?

Doch was macht echte Freundschaft überhaupt aus? Als Freundschaft gilt eine positive Bindung zwischen zwei oder mehr Personen, die sich nicht in einer Liebesbeziehung befinden. Dabei zeigte eine Umfrage von Statista³ aus dem Jahr 2021, dass eine Mehrheit der Befragten Online-Freundschaften eher skeptisch gegenüber steht. Der Aussage „Ich habe gute Freunde im Internet, die ich im „richtigen Leben“ bzw. offline gar nicht kenne“ stimmte die Mehrzahl der Befragten, nämlich 55 Prozent, nicht zu.

Wobei diese Form der Freundschaft, also eine reine Online-Freundschaft, wohl eher die Ausnahme ist. Es dürfte eher so sein, dass wir uns mit Menschen, die wir offline kennen, auch online vernetzen. Wohl nur der kleinere Teil der Bekanntschaften startet online und wird dann ins reale Leben überführt.

… offline kennen, online vernetzen

Chat-Kontakte und Facebook-Freunde verdrängen also gar nicht echte soziale Beziehungen, sondern können eine Ergänzung zu den klassischen analogen Möglichkeiten sein. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit, bei der es immer schwieriger wird, Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen und in der sich viele Menschen fragen wie viele echte Freunde*innen sie eigentlich (noch) haben, könnten soziale Netzwerke sogar eine Erleichterung sein. Denn so können wir mit Menschen in Kontakt bleiben oder alte Bekannte wiederfinden, bei denen die Chancen im echten Leben eher schlecht wären. Auch geschlossene Facebook-Gruppen, in denen es gemeinsame Interessen und auch einen aktiven Austausch darüber gibt, können bereichernd sein.

Mit einer Ausbildung als systemische/r Berater*in, können Sie Menschen auf Ihrem Weg begleiten, das „richtige“ Leben für sich neu zu finden. Denn nicht immer gelingt es, die Balance zwischen digitaler und realer Welt zu finden und Depression oder Antriebslosigkeit können die Folge davon sein.

Wie sehen online Freundschaften aus?

Wie die meisten Dinge, haben also auch soziale Netzwerke ihre Vor- und Nachteile. Und ob sich aus der Online-Bekanntschaft eine echte Freundschaft entwickelt, ob soziale Netzwerke also wirklich dazu beitragen können, neue Freunde online zu finden, lässt sich pauschal nicht sagen.

Es scheint jedoch Hinweise darauf zu geben, dass sich Online- und Offline-Freundschaften im Hinblick auf die Qualität der Freundschaft voneinander unterscheiden: Gleich zwei Studien aus Israel aus dem Jahr 2007⁴ kommen zu dem Ergebnis, dass wir mit Personen, die wir offline kennengelernt haben, bessere Freundschaften führen und diese Personen eher zu unserem realen Freundeskreis zählen.

Der Grund für diese Beobachtung: Wenn wir Personen zum Beispiel am Arbeitsplatz oder in unserer Freizeit kennenlernen, ist die Chance höher, dass wir mehr Gemeinsamkeiten mit ihnen haben. Natürlich kann uns das auch passieren, wenn wir neue Bekanntschaften zum Beispiel in einem Multiplayer-Game schließen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich eine Online-Bekanntschaft zu einer echten Freundschaft entwickelt, ist dabei aber eben geringer – aber nicht ausgeschlossen.

Noch immer ist es so, dass gemeinsame Interessen und Vorlieben die sozialen Bande und die Bindung bestimmen, die uns zu Freunden*innen werden lassen.

Online-Bekanntschaften entwickeln sich zu Freundschaften

Fazit: Freundschaft ist das, was wir daraus machen

Wir haben es trotz allem in der Hand, ob sich aus der flüchtigen Online-Bekanntschaft eine echte Freundschaft wird. Letztlich liegt es an uns selbst, was wir aus den Chancen machen, die uns die sozialen Netzwerke bieten. Jedoch ist es dabei immens wichtig, immer auf seine psychische Gesundheit zu achten. Denn wie wir gesehen haben, kann der soziale Druck groß sein.

Gegen Einsamkeit aktiv vorgehen

Wer mit Einsamkeit kämpft oder ständig das Gefühl hat, auch Hochglanzfotos von Reisen und anderen Events posten zu müssen, kann jedoch aktiv gegen diese unguten Gefühle vorgehen. In unseren Seminaren und Ausbildungen, wie beispielsweise der Ausbildung zum/r Heilpraktiker*in für Psychotherapie lernen Sie die entsprechenden Strategien, um mit diesen Gefühlen gesund umzugehen. Und das nicht nur für sich selbst. Sie können damit auch anderen Betroffenen helfen.

Quelle¹: pewresearch.org
Quelle²: bbc.com
Quelle³: statista.com
Quelle⁴: welt.de