Nächstenliebe heute: Mit diesen uralten Werten dem Hass entgegen treten
Überall machen wir heutzutage die Erfahrung, dass die Gesellschaft tief gespalten ist. Sei es bezüglich Themen wie der Corona-Politik, Waffenlieferungen für die Ukraine, Flüchtlingspolitik, Klimaschutz und die generellen Lebenseinstellungen- und Haltungen, die kontrovers diskutiert, für unser Leben große Relevanz haben. Doch was bedeutet das eigentlich für unsere Gesellschaft und geistige Gesundheit? Welche Folgen ergeben sich daraus? Birgt das nicht möglicherweise auch gewisse Chancen für die Allgemeinheit?
Wir beleuchten die Veränderungen in der Gesellschaft vor dem Hintergrund der christlichen Nächstenliebe. Ein Konzept, das uralt und dennoch aktueller denn je erscheint angesichts der heutigen Herausforderungen für uns alle. Außerdem zeigen wir Ihnen, wie Sie mit Hass und Spaltung umgehen können, ohne dabei sich selbst und die Sorgfalt für Nächste und Angehörige zu vernachlässigen.
Was ist die gespaltene Gesellschaft eigentlich?
Nicht erst seit der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden unterschiedlichen Meinungen, sprechen Expert*innen von einer Spaltung der Gesellschaft. Doch was ist das eigentlich? Die Gesellschaft ist, so Sozialwissenschaftler*innen, zunächst ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Menschen, die in welcher Form auch immer zusammenleben.
Diese Gemeinschaften sind exklusiv, denn sie definieren klar, wer dazu gehört und wer nicht. Dabei berufen sich die Mitglieder von diesen Gemeinschaften immer auf Gemeinsamkeiten, die eine Art Gründungsmythos schaffen. Das können Religionen oder philosophische Konzepte wie die Nächstenliebe, eine politische Einstellung, bestimmte soziale Merkmale oder auch die territoriale Ausbreitung dieser Gemeinschaft sein. Es gibt also eine sinnstiftende Einheit, in der eine Gesellschaft sich begründet.
Diese Definition zeigt schon, dass der Begriff Gesellschaft nicht einfach ist. Das liegt wiederum daran, dass dieses Konstrukt extrem differenziert ist. Gesellschaften sind, da sind sich Philosoph*innen und Gesellschaftswissenschaftler*innen wie Marx, Arendt, Weber, Adorno und noch viele weitere ganz sicher, bereits in sich fraktioniert, also gespalten beispielsweise in:
- Arm und reich
- Gebildet, nicht gebildet
- Stadt und Land
- Ethnien
- Berufsgruppen
- Etc.
Schlussendlich sprechen diese Expert*innen davon, dass eine Gesellschaft an sich nicht gespalten werden kann. Sie kann höchstens polarisieren und einzelne Meinungen in den Vordergrund heben. Genau das geschieht, wenn wir Menschen uns mit Hass, Angst sowie anderen negativ behafteten Emotionen, die eine scheinbare Spaltung hervorrufen, begegnen. Ein Ausweg daraus kann auch heute noch die Nächstenliebe sein.
Nächstenliebe als Konzept
Die Nächstenliebe, wie sie unter anderem im Christentum, im Judentum aber auch im Islam geschrieben steht, kann ein Ausweg aus diesem gesellschaftlichen Dilemma sein. Nicht immer wird sie direkt als Nächstenliebe bezeichnet. Teilweise wird sie auch als
- „Feindesliebe“
- Karitas
- Menschenfreundlichkeit
- Philanthropie (Menschenliebe)
- Humanität
und anders benannt. Grundlegend ist damit allerdings immer ein individuelles sowie soziales Verhalten gemeint, das Gefühle wie Hass, Feindschaft und Ablehnung von Ideen/Meinungen mit dem Verzicht auf Rache/Gewalt oder Akzeptanz des Anderen beantwortet. In allen großen Weltreligionen und auch in der philosophischen findet sich dieses Konzept wieder. Bei der Nächstenliebe geht es also immer darum, anderen zu helfen, Meinungen anzuerkennen und Feindschaften zu überwinden.
Den Hass überwinden ohne sich selbst zu verlieren
Natürlich geht es nicht immer gleich um Hass, den es zu überwinden gilt. Die ganze Bandbreite der negativen Gefühlswelten kann hier angeführt werden. Ob das nun im Kleinen beim nervigen Nachbarn, der immer wieder dasselbe scheinbar absichtlich tut, ist und Aggressionen oder Genervt-Sein in uns hervorruft. Oder ob es sich aufbauscht und zur Belastung für die Familie und alle Mitmenschen geht, wie beispielsweise ein scheinbar unüberwindbares Zerwürfnis innerhalb der eigenen Familie.
Die Folgen für Gesellschaft und das Individuum sind teilweise gravierend: So fressen sich negative Gefühle regelrecht in unser Gedächtnis ein und verändern uns zunehmend bis im schlimmsten Fall diese Gefühle Traumata oder andere psychische oder auch psychosomatische Erkrankungen auslösen können. Auf gesellschaftlicher Ebene führen diese Zustände unweigerlich dazu, dass ein Zerwürfnis mit bestimmten Mitgliedern der Gesellschaft unausweichlich wird. Das gilt es zu verhindern.
All diesen Fällen ist gemein, dass mit Hilfe einem gewissen Maß an Nächstenliebe und Fürsorge für den/die Anderen Differenzen überwunden werden können. Stellen Sie sich beispielweise folgende Fragen:
- Warum genau stört sie das so sehr?
- Welche Gefühle kommen dabei an die Oberfläche?
- Wie beeinflusst Sie das, was Ihr Gegenüber tut/sagt?
Indem Sie sich selbst bewusst machen, warum genau Sie die Taten des/der Anderen stören, festigen Sie Ihre Selbstliebe und Ihr Selbstbewusstsein. Das hilft dabei, dass Sie sich selbst nicht verlieren. Im nächsten Schritt geht es dann um die Überwindung der negativen Gefühle: Mit Hilfe einer gewissen Akzeptanz des Anderen, wie sie Teil der Nächstenliebe ist, werden Sie damit besser umgehen lernen. Dabei hilft oft der direkte Dialog, in dem sachlich die unterschiedlichen Positionen angesprochen werden mit dem Ziel, sich im ersten Schritt zunächst einmal besser zu verstehen. Vorurteilsfrei zuzuhören ist dabei ein ganz wichtiger Faktor für gegenseitiges Wahrnehmen und Verstehen.
Anderen helfen, Nächstenliebe zu verstehen und anzuwenden
Nächstenliebe hat immer auch etwas mit Achtsamkeit zu tun. Dabei geht es nicht darum, dass Sie sich in Selbstoptimierung oder in der Meditation verlieren, sondern Ihre Persönlichkeit und Ihre eigenen Gefühle besser verstehen lernen. Wenn Sie anderen helfen möchten, diese Achtsamkeit für sich zu entdecken und zu festigen, dann finden Sie bei uns ganz unterschiedliche Möglichkeiten für Fort- und Weiterbildungen:
- Ausbildung in systemischem Mentaltraining: Sie lernen, den Menschen innerhalb seiner Gefüge als Ganzes zu betrachten und Methoden des Mentaltrainings
- Seminar zur Kursleiter*in für autogenes Training: Lernen Sie Entspannungsmethoden kennen, die Stress und Belastungen aktiv reduzieren und die Selbst- und Nächstenliebe in ein neues Licht rücken.
- Seminar für Achtsamkeit und Meditation: Helfen Sie dabei, die Achtsamkeit gegenüber sich selbst und Anderen wieder zu beleben.
Achtsamer sein und den Nächsten lieben
Wir Menschen sind soziale Wesen, das bedeutet, wir benötigen immer eine Gruppe, um uns wohl zu fühlen. Dazu gehört heute auch, dass wir die Herausforderungen der Zeit akzeptieren und zumindest versuchen, sie zu überwinden. Dabei kann das Konzept der Nächstenliebe helfen. Wichtig dabei ist allerdings, dass Sie sich, bevor Sie sich um Angehörige, Nachbarn oder sonstigen Menschen sorgen, zunächst selbst bewusst sind (Schutz des eigenen Ichs). Sonst schwingt die Nächstenliebe in übertriebenen, selbstzerstörerischen Aktionismus um.