Kunsttherapie für Kinder: Wie Malen unsere Kleinen heilen kann
In der modernen Gesellschaft wächst der Druck auf alle Mitglieder -egal ob groß oder klein. Besonders für Kinder und Jugendliche ist die heutige Welt in vielen Fällen geprägt von Hektik, Stress und einem gewissen Leistungsdruck in Kindergarten, Schule und Familie. Die Digitalisierung in Form von Smartphones, Computer und Netflix nehmen schon bei den Kleinsten einen immer größeren Stellenwert ein. Die Konsequenz: Viele Kinder haben den Bezug zum Spielen und dem kreativen Ausdruck darin verloren. Schlaflosigkeit, Überreizung und das Tempo der heutigen Gesellschaft tun ihr Übriges. Treten dann unerwartete und teilweise sogar traumatische Erlebnisse wie zum Beispiel die Trennung der Eltern oder der Verlust eines geliebten Großelternteils ein, zerbrechen immer mehr Kinder daran.
Laut der regelmäßig durchgeführten KiGGS-Studien des Robert Koch Instituts zu psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind alleine in Deutschland rund 20 Prozent der zwischen 3 und 12- Jährigen psychisch auffällig und damit akut gefährdet.* Gerade ab dem Alter von 11 Jahren nehmen psychische Störungen proportional zu, da sich der Mensch besonders in diesem Alter in erheblichen körperlichen und emotionalen Umbruchsphasen befindet – die alltäglichen Belastungen tragen ebenfalls ihren Teil zu diesen erschreckenden Zahlen bei.** Despressionen und Burnout bei Kindern sind heute leider keine Seltenheit mehr.
Die Kunst- oder Maltherapie für Kinder und Jugendliche ist eine Möglichkeit, gegen die Folgen dieser Belastungen aktiv vorzugehen. Sie bringt das zum Vorschein, was oft verborgen bleibt: Die Emotionen der Kinder. Bei dieser Therapieform liegt der Fokus ganz klar auf dem künstlerischen Ausdruck des Individuums. Malen mit Stift oder Pinsel, Formen mit Ton oder kreative Prozesse mit anderen Medien bringen viele der versteckten Gefühle zum Vorschein. Nur so kann Heilung stattfinden. Was genau können Sie sich unter der Kunsttherapie für Kinder vorstellen? Welche Effekte hat sie auf unsere Kleinen? Welche Methoden gibt es und welche Möglichkeiten bietet die Kunsttherapie unseren Kindern?
Wie hilft die Kunsttherapie für Kinder?
Wer etwas über den Künstler erfahren möchte, der soll sich die Bilder aufmerksam ansehen – das wusste schon Gustav Klimt. Besonders Kindern und Jugendlichen, die traumatische Erlebnisse in ihrem Leben erfahren haben, fällt es schwer den Schmerz oder die Empfindungen konkret in Worte zu fassen. An diesem Punkt greift die Kunsttherapie für Kinder und Jugendliche an: Die Kleinen können in dieser Psychotherapieform spielerisch Linderung erfahren und gemeinsam mit einem Therapeuten den Weg des kreativen Ausdrucks und der Verarbeitung beschreiten.
Wenn die Kinder etwas mit ihren Händen und Farbe oder einem anderen Medium erschaffen, dann lassen sich unbewusste Gefühle abbilden. Dieser Prozess ist dicht mit der Selbsterfahrung des Kindes verknüpft. Die Kreativität und die Gestaltungsmöglichkeiten des jeweiligen Kunst-Mediums geben Raum für die Selbstentfaltung. In der Kunst werden dem Erschaffenden keine Grenzen gesetzt. Kinder und Jugendliche erleben dadurch zusammen mit dem KunsttherapeutIn, wie sie mit Problemen und belastenden Situationen im Alltag umgehen können.
Ziel ist es, den Kindern durch den künstlerischen Prozess zu vermitteln, dass sie diese Situationen von unterschiedlichen Blickwinkeln aus betrachten und so verändern können. Träume, Wünsche und Emotionen werden durch Farbe und Form vermittelt. Ein verschlossenes Kind, das sich von seiner Außenwelt abgekapselt hat, kann mit der Kunsttherapie wieder in Kommunikationsstrukturen mit seinem Umfeld eintreten. Wenn dieser Schritt getan ist, kann das Problem verarbeitet werden: Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein sowie das eigenständige Handeln werden entwickelt und gefördert.
Methoden der Kunsttherapie für Kinder
Die Kunsttherapie besteht in der Regel immer aus zwei Komponenten: Der künstlerischen Erfahrung, also dem Malen oder Gestalten, sowie einem Gesprächselement. Auf dem Papier oder der Leinwand wird der Prozess der Verarbeitung angestoßen. Im darauffolgenden Dialog werden diese Erlebnisse und die unterschiedlichen Lösungsansätze mit dem KunsttherapeutIn gefestigt. Diese Kommunikation zwischen Kind und TherapeutIn entsteht meist direkt aus dem gestalterischen Akt heraus.
Diese Basis-Methoden der Kunsttherapie für Kinder und Jugendliche werden durch unterschiedliche Selbsterfahrungstechniken unterstützt und gezielt gefördert. Dazu gehören beispielsweise:
- Fantasiereisen, in denen das Kind im gestalterischen Akt auf eine Selbsterfahrungsreise geschickt wird beispielsweise mit selbst erdachten Fantasiefiguren
- Unterschiedliche Entspannungstechniken und- übungen, die einen Zugang zum Unterbewussten geben und die kindlichen Ressourcen zu Tage bringen
Zentral steht bei allen Methoden immer die Freiheit der Entscheidung: Das Kind oder der Jugendliche soll seine Themen selbst finden. Das fördert den bewussten sowie den unbewussten Umgang mit Problematiken, die sich im Kind angestaut haben. Nur so kann sich die Tür zum innersten des PatientenIn öffnen. Diese Methoden haben sich beispielsweise auch in der Kunsttherapie bei Demenz bewährt, da ganz subtile Ebenen des menschlichen Geistes angesprochen werden können.
Die Phantasie anregen und in den gestalterischen Prozess eintreten
Die Kunsttherapie für Kinder arbeitet also mit den unterschiedlichsten Methoden, Übungen und Ansätzen. Um der Fantasie keine Grenzen zu setzen und den kreativen Prozess so gut wie möglich zu unterstützen, kommen dabei die unterschiedlichsten Materialien zum Einsatz:
- Stifte und Papier
- Farbe und Leinwände
- Ton, Gips oder Pappmaché
- Naturmaterialien wie Blätter, Holz oder Steine
Generell sind der Fantasie bei der Auswahl der Materialien ebenso wie bei der Themenwahl keine Grenzen gesetzt: Das Kind soll sich in der Kunsttherapie vollkommen frei entfalten können. Der Heilpädagoge sollte allerdings immer auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des einzelnen Kindes eingehen. So können die größten Erfolge verzeichnet werden.
Von der Angst bis zum Trauma
Die Kunsttherapie ist für die unterschiedlichsten Kinder-Typen sinnvoll und kann in vielen schmerzlichen Situationen gezielt Linderung verschaffen. Sie kommt derzeit bei diesen Auffälligkeiten zum Einsatz:
- Seelische Störungen wie Unruhezuständen, emotionalem Rückzug oder Konzentrations- sowie Entwicklungsstörungen
- Psychische Probleme in Umbruchsphasen, Ängsten bis hin zu traumatischen Erlebnissen oder Depressionen
- Körperliche Erkrankungen, mit denen das Kind zu kämpfen hat oder hatte
Viele dieser Zustände werden heute durch die unterschiedlichsten Ereignisse wie zum Beispiel den Tod eines geliebten Angehörigen oder auch die Trennung der Eltern hervorgerufen.
Selbst aktiv werden
Sie interessieren sich besonders für den Bereich der Kunsttherapie für Kinder oder möchten sich spezialisieren, um den Kleinsten in unserer Gesellschaft zu helfen? Dann absolvieren Sie doch eine Kunsttherapie-Ausbildung an einer der campus naturalis-Akademien. In etwa 1,5 Jahren erlernen Sie dort die unterschiedlichsten Ansätze von Materialkunde bis hin zur Therapieplanung. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung eröffnen sich Ihnen die unterschiedlichsten Berufsfelder:
- In sozialen sowie integrativen Einrichtungen
- In Rehabilitationszentren und Kliniken
- In Praxen oder dem ambulanten Betreuungsdienst
Machen Sie Ihre Leidenschaft zur Kunst zum Beruf und unterstützen Sie die nächste Generation: Sie können sich während der Ausbildung in der Kunsttherapie auf den Bereich Kinder und Jugendliche spezialisieren.
Kunsttherapie für Kinder: Wann ist sie sinnvoll?
Der Ansatz der Kunsttherapie ist sehr offen gestaltet, daher gibt sie viel Raum für ganz unterschiedliche Kinder und Jugendliche sowie deren Probleme. Wenn Sie als Elternteile Auffälligkeiten an ihrem Kind bemerken, dann sollten Sie zunächst mit dem Haus- oder Facharzt Rücksprache über mögliche Therapie-Formen halten. Besonders gehemmte Kinder, die in ihrer Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit eingeschränkt sind, können durch eine unterstützte Kunsttherapie eine Form der Kommunikation etablieren. Allerdings sollte die Entscheidung ein Kind oder einen Jugendlichen zur Therapie zu schicken, immer eine individuell abgestimmte sein. So kann sichergestellt werden, dass das Kind sich wohlfühlt und Fortschritte machen kann.
* Quelle: Edoc: Studie „Psychische Auffälligkeiten und psychosoziale Beeinträchtigungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren in Deutschland – Prävalenz und zeitliche Trends zu 2 Erhebungszeitpunkten (2003-2006 und 2009-2012)
https://edoc.rki.de/handle/176904/1894
** Quelle: https://www.dvgp.org/themen-engagement/jugend-und-seelische-gesundheit/erkrankungen-bei-jugendlichen.html